* 11. Gebruar 1928 | Chorleiter
Traurige Nachrichten kurz vor Weihnachten: Der legendäre Chorleiter Gotthilf Fischer ist im Alter von 92 Jahren in Weinstadt bei Stuttgart im Kreise seiner Familie gestorben. Er hinterlässt seinen Sohn Herbert Fischer. Seine Ehefrau Hildegard starb im Dezember 2008 nach langer Krankheit an den Folgen eines Schlaganfalls. Das Paar war seit 1949 verheiratet.
Zusammen mit seinen zeitweise rund 1.000 Mitgliedern nahm Gotthilf Fischer über 50 Tonträger auf. Der Dirigent wurde für seine außergewöhnlichen Leistungen mit mehreren Goldenen Schallplatten ausgezeichnet. Und auch im Ausland war er beliebt: Seine Tourneen führten ihn bis in die USA, im deutschen Fernsehen machte er zudem in der ARD-Schlagershow Straße der Lieder Karriere.
Der Sohn eines Zimmerermeisters, der in seiner Freizeit viel musizierte, besuchte nach der Volksschule in seinem Heimatdorf Deizisau die Lehrerbildungsanstalt in Esslingen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er Leiter des Concordia-Gesangsvereins in Deizisau. 1949 gewann sein Chor unter seiner Leitung beim großen Schwäbischen Sängerfest in Göppingen die Wettbewerbe im Volks- und Kunstgesang. Durch diesen Erfolg gelangte er zu erster lokaler Bekanntheit. In der Folge sammelten sich weitere Gesangsvereine unter seiner Leitung. Diese Teilchöre bilden die sogenannten Fischer-Chöre.
Der Autodidakt, der niemals eine formale musikalische Ausbildung durchlaufen hatte, verstand es gut, sich in Szene zu setzen. Einer der Höhepunkte seiner Laufbahn war der Auftritt eines Chors von 1.500 Menschen auf dem Rasen des Olympiastadions beim Abschluss der Fußball-Weltmeisterschaft 1974, mit dem er „Eviva España“ anstimmte. Welttourneen führten nach Rom oder in die USA zu Präsident Jimmy Carter.
Aus dem deutschen Fernsehen war Gotthilf Fischer kaum wegzudenken. In fast jeder Livesendung trat er auf – ob bei Verstehen Sie Spaß?, wo er von einer Doppelgängerin der Queen hereingelegt wurde, Wetten, dass…? oder auch als Gast in der WDR-Sendung Zimmer frei. Als hipper Opi trat er sogar 2000 mit 72 Jahren auf der Berliner Loveparade auf!
Ohne mit anderen Menschen gemeinsam zu singen, konnte er sich sein Leben auch im hohen Alter nicht vorstellen. Wo er auftauchte, brachte er mit wenigen aufmunternden Worten und liebenswürdiger Nachsicht oft auch solche Menschen zum Singen, die es sonst nicht taten oder konnten. Über die Jahrzehnte erwarb er auf diese Weise Ehrentitel wie „Herr der singenden Heerscharen“ oder „Therapeut der wunden Seelen“.
Jahrelang stimmte er auf dem Karlsruher Christkindlmarkt die Menschen beim gemeinsamen Singen auf die Weihnachtszeit ein. »Weihnachtslieder werden als Kind eingeprägt, das sitzt so tief, dass es bis ans Ende des Lebens bleibt«, sagte er beim Auftritt am Nikolausabend 2016.
Erst im vergangenen Jahr wurde der „König der Chöre“ sogar noch für einen Internet-Erfolg ausgezeichnet: Seine Aufnahme der Europahymne „Ode an die Freude“ mit der Liedzeile „Freude schöner Götterfunken“ kam nach Angaben seines Managements auf mehr als 17 Millionen YouTube-Ströme und Zehntausende Downloads bei Anbietern wie amazon und Spotify. Umgerechnet zähle das in etwa so viel wie 75.000 physische Tonträger – dafür gab es eine Goldene Schallplatte.
† 11. Dezember 2020 | Herzversagen