Donnerstag, 18. April 2024

Conrad und der Herzog von Oxford
© 20th Century Studios
Auch bei diesem Film wurde der Starttermin pandemiebedingt immer wieder verschoben, bis er nun doch in die Kinos kommt. Nach den Kingsman-Filmen „The Secret Service“ und „The Golden Circle“ kommt nun „The Beginning“ – auf gut Deutsch: Der Anfang. Die Geschichte beginnt ein Jahrhundert zuvor, spielt im Schatten des Ersten Weltkriegs und erklärt, wie und warum der Kingsman-Geheimdienst überhaupt seinen Anfang nahm.
  • The King’s Man 02The King’s Man 02
    »Reputation is what people think of you, character is what you are.«
    Herzog von Oxford
»Ich wollte etwas ganz anderes machen«, erklärt Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Matthew Vaughn. »Ich hatte ein großes, episches Abenteuer im Sinn. Als ich ein Kind war, füllten Epen wie Lawrence von Arabien die Leinwände aus und waren keinen Moment langweilig. Es reizte mich, dieses Genre zurückzuholen.«
Doch ganz so episch, wie es sich der Filmemacher vorgestellt hat, wirkt der Film dann doch nicht. Auch wenn ein paar nette Spezialeffekte von Weta Digital dabei sind, wirkt die Klamotte ein wenig hölzern. Man hat den Humor der Vorgängerfilme ein wenig zurückgeschraubt, da es hier um Material geht, das in Geschichtsbüchern steht. Karl Gajdusek und Matthew Vaughn haben lediglich das hinzugedichtet, was hinter den Kulissen stattgefunden hat.
»Es ist ein unterhaltsamer Actionfilm, mit Comedy und vielen anderen Elementen, aber es ist auch eine sehr unterhaltsame Geschichtsstunde«, kommentiert Deutschlands Exportschlager Daniel Brühl. »Obwohl die Geschichte neu erfunden wird, sind die Konflikte und einige der Charaktere real, und es fasziniert einen wirklich, weil man etwas lernt oder es einen an ein bestimmtes Kapitel der Geschichte erinnert.«

Der Film beginnt als Kriegsdrama und erzählt von einem Vater, der ein Pazifismus-Gelöbnis abgelegt hat und versucht, seinen Sohn von jenem Wahnsinn fernzuhalten. Doch das Schicksal nimmt seinen Lauf, und Orlando Oxford sieht sich dazu gezwungen, seine geheimdienstlichen Tätigkeiten auszubauen und einen jungen Mann unter seine Fittiche zu nehmen. Er hat Butler, Chauffeure, Kindermädchen und Dienstmädchen im Team, die in der damaligen Zeit ignoriert wurden und somit alles hören und sehen konnten.
»Einiges, was ich jetzt in The King’s Man sage, lässt Harry Harts Rede aus dem ersten Film anklingen. Es geht darum, was Kingsman als Organisation ausmacht – das Schützen und Erhalten von Leben«, erklärt Ralph Fiennes, der hier den souveränen, wenn auch gebeutelten Helden spielt. »Kingsman ist ein unabhängiger Geheimdienst, der bewusst so entwickelt wurde, dass er nicht der Bürokratie einer regierungsgesteuerten Spionageorganisation unterliegt, um sich den Grundsätzen von Frieden und Menschlichkeit zu verschreiben. Dafür ist diese Organisation da. Beinahe so wie Arthurs Ritter der Tafelrunde, die gegen das Böse und die Ungerechtigkeit kämpften.«
Interessant und witzig, wenn auch zunächst unauffällig, ist, dass Tom Hollander gleich alle Staatsoberhäupter spielt, die sich im Ersten Weltkrieg messen, die zugleich auch noch verwandt sind. »Als ich den König, den Kaiser und den Zaren gecastet habe, stieß ich bei der Recherche auf einige Fotos«, sagt Matthew Vaughn. »Man konnte praktisch keinen Unterschied zwischen dem König und dem Zaren erkennen. Dann habe ich gelesen, dass die Cousins auch Streiche gespielt haben, indem sie ihre Uniformen vertauscht haben und niemand wusste, dass der König der Zar war und der Zar der König. Es gibt Fotos, auf denen sie die falsche Uniform tragen und niemand hat es bemerkt, und dann haben sie es hinterher zugegeben, weil sie es lustig fanden. Was übrigens Bände spricht bezüglich des Irrsinns, dass ganz Europa von diesen Cousins regiert wurde.«
»Die Gefahr geht von einer Achse des Bösen aus, die von einer ganzen Reihe historischer Figuren erschaffen wurde, die damals nicht wirklich miteinander zu tun hatten, aber in dieser Geschichte miteinander verbunden sind«, beschreibt Tom Hollander die Drahtzieher im Film. »Mata Hari, Rasputin und Erik kennen sich alle und sind Teil einer Art Clique des Bösen, die durch eine erfundene Figur namens „Der Hirte“ verbunden ist. Und der Hirte hat ein Projekt, das darin besteht, die herrschenden Gesellschaften Europas zu zerstören.«
Am Ende gibt es dann noch eine Zusatzszene, in der weitere historische Persönlichkeiten für eine etwaige Fortsetzung auftreten. Wie auch schon in den ersten beiden Kingsman-Filmen, wird auch hier großer Wert auf Aktion gelegt, die hin und wieder ein wenig zu unglaubwürdig erscheint. (Ich sage nur: die Szene mit den Gebirgsziegen! – nicht die Ziegen an sich, sondern das Hochklettern des Helden wie jene). Was jedoch hängen bleibt, ist Rhys Ifans‚ Interpretation des Mönches Rasputin, der so richtig überzogen und magisch das Geschehen und die Helden in Atem hält. Er selbst hätte als Bösewicht ausgereicht. „Der Hirte“ und der Endkampf mit diesem wirkt dagegen schon leicht ermüdend.

»Ich möchte, dass die Kinder sehen, dass die Dinge sehr, sehr schnell außer Kontrolle geraten können, wenn verrückte Leute die Welt regieren«, sagt Matthew Vaughn abschließend. »Und wir befinden uns in einem politischen Klima, das dem Klima vor dem Ersten Weltkrieg sehr ähnlich ist. Niemand dachte, dass es einen Krieg geben könnte, und dann gab es einen Krieg, und niemand verstand, warum. Der Erste Weltkrieg war der reine Wahnsinn und der Kingsman-Geheimdienst wurde deswegen gegründet.«
Das Kinder den Film zu sehen bekommen, ist bei der Brutalität jedoch eher unwahrscheinlich. Trotz des eher seichten Humors und der etwas zu überspitzt gezeichneten Bösewichte, kommt man dann doch ganz gut unterhalten durch den Film, und man bekommt auch das, was oben drauf steht – den Anfang des Kingsman-Geheimdienstes. Dabei ist es nicht unbedingt notwendig, die ersten beiden Kingsman-Filme gesehen zu haben, höchstens, um sich ein Gesamtbild machen zu können.
Ob es einen weiteren Kingsman-Film geben und in welcher Zeit er spielen wird, steht noch in den Sternen. Produzent Matthew Vaughn hat erstmal noch mit Tetris zu tun und bereitet zudem eine Neuverfilmung von Flash Gordon vor. Von Regisseur Matthew Vaughn kommt in diesem Jahr noch das Agentenabenteuer Argylle mit Henry Cavill, Bryce Dallas Howard, Samuel L. Jackson und Sam Rockwell heraus.

03.12.2022 | mz
Kategorien: Feature | Filme