Samstag, 27. Juli 2024
King Richard
King Richard
Richard Williams, seine Töchter Serena und Venus und die Liebe zum Tennis
© TelePool | Warner Brothers
 »King Richard ist eigentlich kein Tennisfilm. Es ist ein Film über eine Familie, über Glaube, Liebe und Triumph. Es ist eine dieser seltenen Kombinationen, bei der man einerseits die wohl berühmtesten Tennisspielerinnen der Welt hat, bei der aber andererseits Tennis selbst gerade mal an sechster Stelle der Themenliste steht, worum es in dem Film eigentlich geht.« So beschreibt Will Smith den von ihm mitproduzierten Film, in dem er auch gleichzeitig die Haupt- und Titelrolle übernahm.
Bei Filmbiografien ist es immer schwer, den richtigen Ton zu treffen, vor allem, wenn die Porträtierten nicht mehr leben. In diesem Fall jedoch leben noch alle und konnten mitreden, zumal die Williams-Schwestern Venus, Serena und Isha als Mit-Produzentinnen beratend zur Seite standen. Produzent Tim White erinnert sich: »Es begann mit Venus’ und Serenas Schwester Isha Price, die ausführende Produzentin wurde. Sie öffnete uns nicht nur die Tür zur Familie, sondern spielte durch ihre Unterstützung eine Schlüsselrolle bei der gesamten Produktion. Von ihr stammen all die kleinen Details und Genauigkeiten im Kontext, die die Filmfamilie so real erscheinen lassen.«
Isha Price gibt zu: »Ich hatte das Drehbuch zunächst ziemlich lange gar nicht gelesen, weil ich schon so viele Versionen davon kannte, wie wohl andere Leute meine Familie betrachten. Nachdem ich dann aber bei der Lektüre gelacht, geweint und schließlich erkannt hatte, welche Details nicht ganz stimmten, haben wir in der Familie darüber diskutiert und gemeinsam die Entscheidung getroffen, dass wir an dem Projekt weiter mitarbeiten – unter dem Vorbehalt, dass ich zentraler Bestandteil des Projekts bin, damit die Authentizität gesichert und es ehrlich, wahr und reflektiert wird. Das war wichtig, denn andernfalls hätte nur ein Außenstehender die eigene Familiengeschichte erzählt.«
Das ist vermutlich auch einer der Gründe, warum der knapp zweieinhalbstündige Film nicht allzu lang wirkt. Das Erzähltempo bleibt größtenteils gleich, während die Bilder von Robert Elswit mit Personen und Handlung harmonisieren. Komponist Kris Bowers, der bereits Biografien wie Green Book und The United States vs. Billie Holiday untermahlt hatte, sorgt auch hier für die passenden Töne, auch wenn die Musik separat gehört nicht wirklich herausragt.
Das einzige Manko bei dem Film ist meiner Meinung nach Will Smith, der zwar Richard Williams‘ Facetten herausspielen vermag, aber dennoch zwar sehr bemüht, aber nicht so ganz überzeugend wirkt, vor allem, wenn man am Ende den echten Richard Williams in Archivbildern zu sehen bekommt. Da hätte ein Mykelti Williamson z.B. durchaus besser gepasst. Auch schade ist, dass Jon Bernthal nicht für den Oscar® für die beste Nebenrolle nominiert ist, denn seine Darstellung von Trainer Rick Macci ist einer der Höhepunkte des Films!

»Bei dem Projekt mitzumachen, ermöglichte es uns, die Geschichte selbst zu erzählen, die Menschen an Dingen teilhaben zu lassen, die sie über uns vorher vielleicht nicht wussten. Das Projekt hatte damit sozusagen einen Gültigkeitsstempel. Es hat sich niemand ausgedacht. Es ist wirklich so passiert«, fügt Isha Price hinzu. King Richard ist eine unterhaltsame Familiengeschichte über den geplanten amerikanischen Traum – oder, wie Richard Williams im Film sagt, „die Geschichte einer Cinderella aus dem Ghetto – Ghettorella sozusagen“.
Um die Tennisspiele auf der Leinwand echt aussehen zu lassen, verpassten die Filmemacher ihren jungen Stars ein rigoroses Trainingsprogramm. Will Smith ist fasziniert: »Was Saniyya da geleistet hat, ist unglaublich. Sie konnte kein Tennis spielen und musste es von Grund auf lernen. Als Schauspielkollege muss ich sagen, dass mich am meisten die Tatsache umgehauen hat, dass Saniyya Linkshänderin ist. Sie musste also nicht nur lernen, Tennis wie eine der größten Tennisspielerinnen aller Zeiten zu spielen, sie musste es auch noch mit ihrer schwächeren Hand tun. Für mich war das der Wahnsinn.«
Venus ist auch Hauptaugenmerk des Films, da Serena zurückstecken musste, weil nicht genug Geld vorhanden war, um beide Mädchen gleichzeitig zu trainieren. Saniyya Sydney und Demi Singleton trainierten schon vor ihrem Filmengagement auf dem Tennisplatz. Nach ihrer Besetzung wurde das Training jedoch intensiver und durchorganisierter. Beide Mädchen haben übrigens auch nach Drehende den Sport als Hobby beibehalten.
Natürlich gibt es auch einen finalen Höhepunkt im Film – das erste Profi-Duell zwischen Venus Williams und der zungenbrecherischen Arantxa Sanchez Vicario. Es tauchen natürlich auch andere bekannte Figuren auf – neben Pete Sampras, John McEnroe natürlich auch Jennifer Capriati und, wenn auch nur kurz erwähnt, Steffi Graf. Aber, wie schon erwähnt, Tennis spielt hier lediglich eine Nebenrolle. Es geht um familiären Zusammenhalt, Herkunft, Vorurteile und das Motto eines Familienvaters: „If you fail to plan, you plan to fail.

03.12.2022 | mz
Kategorien: Feature | Filme