Sonntag, 20. April 2025

The Watchers

The Watchers
Mina hat sich verlaufen.
📷 Jonathan Hession – © Warner Brothers | New Line Cinema
15 Jahre ist es her, als Minas Mutter bei einem Autounfall ums Leben kam. Ihre Schwester Judy versucht, sie aus Irland zurückzuholen, um gemeinsam ihrer Mutter zu gedenken. Doch Mina sieht bei sich die Schuld und versucht, sich mit Hilfsarbeiten über Wasser zu halten. Wenn sie nicht gerade in einer Tierhandlung im Örtchen Galway arbeitet, verkleidet sie sich und geht im Pub auf Männerfang. 
Eines Tages bekommt sie den Auftrag, einen Papagei ins irische Nirgendwo zu transportieren. Als ihr Auto und ihr Smartphone plötzlich mitten im Wald krepieren, sieht sie sich gezwungen, mit dem Vogel im Bauer zu Fuß weiterzugehen. Doch nach nur ein paar Metern erkennt sie, dass sie gar nicht weiß, in welche Richtung sie gehen muss, und will zum Auto zurückkehren, doch plötzlich ist alles verschwunden – kein Auto, kein Weg, nur Wald.
Nachdem sie auf ein Schild mit der Aufschrift „Punkt ohne Rückkehr“ stößt, trifft sie auf drei andere Personen, die sie zu einem Schaukasten führen, und erfährt, dass sie während der Dunkelheit von Kreaturen besucht werden, die sie durch ein wandhohes Fenster beobachten. In diesem Wald überlebt man nur, wenn man sich an ein paar einfache, aber wichtige Regeln hält:
Öffne nie nach Eintreten der Dunkelheit die Tür und lasse niemanden herein! Wende dich nie mit dem Rücken zum Fenster! Gehe niemals in eines der Löcher, in denen sich die Kreaturen tagsüber verschanzen! Bleib stets im Tageslicht! Und gehe nie über die Schilder im Wald hinaus, sonst schaffst du es nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit zurück in den Kasten!

»Try not to die!«

Gedreht in den Ballinastoe-Wäldern im Landkreis Wicklow, schafft es Ishana Night Shyamalan, die richtige Atmosphäre einzufangen. »Es gibt eine Energie und einen Charakter, der durch den Boden und die Bäume sickert«, erzählt die Tochter von M. Night Shymalan, die hier ihr Spielfilmdebüt gibt. »Wenn wir uns dort aufhielten, während wir aufbauten oder zwischen den Aufnahmen… Wenn man sich dorthin begab, fühlte es sich wirklich so an, als würde man in der Welt der Beobachter leben. Wir hatten also unseren Hauptschauplatz und konnten alles andere um diesen herum aufbauen.«
Zusammen mit Mina erkundet das Publikum den Wald, und man rätselt und fiebert mit ihr, diesem verwunschenen Ort zu entkommen. »Mina repräsentiert das Publikum: Sie spricht über das Jungsein in dieser modernen Welt«, sagt die Regisseurin. »Ich glaube sie verkörpert in vielerlei Hinsicht den Zynismus und die Distanziertheit, die viele von uns heutzutage empfinden. Was mir an Mina gefällt, ist, wie diese Erfahrung sie verändert. Als Dakota hereinkam, brachte sie diese Art von Struktur mit, die sie ausmacht – nämlich dieses mühelose, coole Mädchen. Sie setzte das letzte Stück an seinen Platz und machte Mina für uns real.«
Der Film zieht seine Spannung aus dem Erkunden der Grenzen und darüber hinaus. Je mehr wir über das alles erfahren, umso mehr werden die Wesen demaskiert (auch wenn es schwerfällt) und es gibt eine Hoffnung auf ein glückliches Ende. Musikalisch unterstützt wird das Ganze von Abel Korzeniowski, dessen akustische Handschrift man sofort erkennt. Manchmal bekommt man jedoch kurzzeitig das Gefühl, man sieht A Cure for Wellness oder Nocturnal Animals.
»Als sie Geschichtenerzählerin wurde und mit dem Schreiben begann, interessierte sie sich sehr für das Genre, wobei sie einen Hang zur Fantasy hatte«, sagt M. Night Shymalan über seine Tochter. »Darin ist sie sehr gut. Sogar die Episoden von Servant, bei denen sie Regie führte, tendierten ein wenig zur Fantasy. Sie mag den Aufbau von Welten.
Wenn das mein Film wäre, würde mein Bunker anders aussehen. Ishana und Ferdia haben sich diese fantastische Version einfallen lassen. Sowohl im Buch als auch im Drehbuch gibt es so viel Weltgestaltung. Ein kleiner Moment wird zu etwas so Großem. Wir folgen ihr also einfach. Als wir eine Szene im Wald drehten, fiel mir auf, wie sie genau den richtigen Teil des Waldes fand, genau den richtigen Winkel, um diese Szene zu erzählen. Sie sah, dass die Blätter so lagen und die Äste so gebogen waren – sie hat ein Auge dafür. Und das reizt sie. Man kann sehen, dass sie das sehr glücklich macht. Eine Geschichte, die reich an diesen Dingen ist (diese Geschichte) ermöglicht es ihr, auszudrücken, wie sie die Welt sieht.«
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Warum der Film in deutschsprachigen Ländern einen anderen englischen Titel hat, weiß der Kuckuck. They see you klingt eher wie ein Untertitel zu The Watchers, dem eigentlichen Titel des Films. Zudem ist im Film auch der Originaltitel zu sehen, der wiederum ein Shyamalan-Markenzeichen ist, auch wenn er hier lediglich als Produzent für seine Tochter fungiert.
Zum Thema Freigabe ab 16 Jahren hier die Begründung der FSK: „Der Film enthält keine drastischen Gewalt- oder Tötungsszenen, hat aber eine durchgehend unheimliche und bedrohliche Grundatmosphäre. Wenngleich es kaum entlastende Momente gibt, sind Jugendliche ab 16 Jahren aufgrund ihres Entwicklungsstands in der Lage, die anhaltende Spannung zu verkraften und die Geschehnisse überforderungsfrei zu verarbeiten. Nachhaltige Ängstigungen oder anderweitige Beeinträchtigungen lassen sich ausschließen.“
Fazit: irische Folklore in Shyamalan-Horror-Atmosphäre gepackt – teils gruselig, teils spannend, mit interessanter Wendung und eigentlich schönem Ende.

13.06.2024 | mz
Kategorien: Kino
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