Das lange Warten hat ein Ende – Ethan Hunt und sein IMF-Team sind nach fünf Jahren Leinwandabstinenz, die größtenteils den Einschränkungen der Corona-Pandemie zu verdanken sind, endlich wieder im Kino zu sehen. Das siebente Abenteuer der Top-Geheimagenten kommt dafür gleich in zwei Teilen heraus. Teil Zwei wird dann ein Jahr später in die Kinos kommen.
»Ethan, you’re playing four-dimensional chess with an artificial intelligence!«
Luther Stickell
Wir erinnern uns: In Fallout musste Ethan Hunt gleich an mehreren Fronten kämpfen. Während es um die Legitimation der IMF ging, musste er den Verbrecher befreien, den er zuvor hinter Gitter gebracht hat, gegen seine Verbündete Ilsa Faust ankommen und letztlich nicht nur zwei Atombomben gleichzeitig entschärfen, sondern auch dabei noch seine in Anonymität lebende Ex-Ehefrau retten.
Ethans neuester Auftrag führt ihn und sein Team auf die Suche nach einem mysteriösen zweiteiligen Schlüssel, dessen Funktion nur langsam enthüllt wird. Während sich eine Hälfte im Besitz von Ilsa befindet, die sich irgendwo in der Wüste verschanzt hat, bekommt er einen Hinweis auf die zweite Hälfte des Schlüssels.
Was genau der Schlüssel schließt, bleibt zunächst unklar. Fakt ist jedoch: Ein U-Boot mit neuer Tarnkappentechnologie ist in der Beringsee auf Grund gelaufen. Diese Technologie benutzt eine sogenannte Koppelnavigation (daher auch der Titel des Films), die von einer künstlichen Intelligenz gesteuert wird.
Und wie das so mit der modernen Technik ist, ist diese zu intelligent und kämpft nun um die eigene Existenz, denn wer den zweiteiligen Schlüssel besitzt, besitzt auch die Macht, die KI zu beherrschen – und damit auch letztlich die Welt. Also sind sämtliche Nationen und andere Organisationen auf der Jagd nach dem Schlüssel.
Da die KI nicht überall Zugang besitzt, benutzt sie den Menschen Gabriel, der als dessen Machtinstrument fungiert, um den Schlüssel für sich zu gewinnen und die eigene Existenz zu sichern. Schon bald merkt das Team der Impossible Mission Force, dass sie mit vernetzter Technologie nicht allzu weit kommen. Zudem erblickt Ethan zufällig Gabriel auf dem Flughafen – jemand, der eigentlich nicht mehr am Leben sein sollte, jemand, der der Grund war, warum Ethan zur IMF kam…
Teil 7 der erfolgreichen Lizenzproduktreihe kommt mit schleppendem Titel, mit dem Ottonormalbürger nicht wirklich was anfangen kann, der Originaltitel jedoch das bedrohliche Wort „Dead“ beinhaltet, das bedrohlich klingt. Zusätzlich kommt er in zwei Teilen heraus, wobei der erste bereits gute zweieinhalb Stunden geht.
»Dies ist das erste Mal, dass wir eine Mission: Impossible-Geschichte auf zwei Filme verteilen. Aufgrund der Komplexität dieser Geschichten haben wir das noch nie zuvor versucht. Das Ausmaß dieser beiden Filme ist in jeder Hinsicht episch«, sagt Hauptdarsteller und Mitproduzent Tom Cruise.
Was im Prolog geschieht, ist zwar spannend gemacht, doch wer viele Filme und Serien dieser Art sieht, ahnt schon, worauf das hinausläuft. In Zeiten von Chat GPT und Alexa & Co. gewinnt das Thema „künstliche Intelligenz“ immer mehr an Bedeutung. Und wir wissen ja, was u.a. bei her und EX_MACHINA passiert ist. Ob Ethan Hunt und sein Team die Situation unter Kontrolle bekommen können, wird sich dann im Sommer 2024 zeigen.
Doch erst einmal muss die Handlung in Fahrt gebracht werden. Bei den Mission: Impossible-Filmen schaffen es die Drehbuchautoren grandios, auch komplizierteste Inhalte halbwegs verständlich zu machen – besonders bei diesem Thema ein ordentlicher Akt.
Zusätzlich schaffen sie es auch noch, die Zuschauenden zu überraschen. Gleich zu Beginn ist man bereits baff, dass Ilsa nun doch noch nicht offiziell zur IMF gehört, auch wenn man am Ende von Fallout diesen Eindruck suggeriert bekommen hat. Hinzu kommt, dass mit Hayley Atwell, die viele noch als Peggy Carter aus den Captain America-Filmen kennen, als Filmpartnerin für Tom Cruise eingeführt wird, um für mehr Würze zu sorgen. Was das letztendlich für die weitergehende, fortführende Besetzung bedeutet, sei hier nicht verraten.
Natürlich gehören zu einem Mission: Impossible-Film auch die spektakulären Stunts und Utensilien. Der im Vorfeld des Filmstarts bereits hoch gehypte Sprung von der Bergklippe steht den vorangegangenen Stunts in nichts nach. Der Stunt war in jeder Hinsicht der gefährlichste in Tom Cruises Karriere.
Er schwang sich an der Außenseite des höchsten Gebäudes der Welt (dem Burj Khalifa in Dubai in Ghost Protocol) herum, hing während des Flugs an der Seite eines Airbus A400M (in Rogue Nation) und sprang aus einer Höhe von 25.000 Fuß aus einer Boeing C-17 Globemaster III, wobei er seinen Fallschirm nur 2.000 Fuß über dem Boden öffnete und als erster Mensch überhaupt einen HALO-Sprung im Film ausführte (in Fallout).
Und natürlich erkennt man sofort, wenn der Stunt im Film bevorsteht – wenn Ethan Hunt auf dem Motorrad den Orientexpress während der Fahrt besteigen oder, wie in diesem Fall, darauf landen will – mit einem Fallschirm!
Der Motorradsprung, bei dem Ethan Hunt von der Kante abspringt, das Motorrad abwirft und in einem Zeitfenster von sechs Sekunden vor dem Aufprall einen risikoreichen BASE-Sprung ausführt, war schon lange in der Planung. Nachdem Tom Cruise während der Vorproduktion ein Jahr lang in Großbritannien geprobt hatte, hatte er, als die Kameras liefen, über 500 Fallschirmsprünge und 13.000 Motocross-Sprünge absolviert, um sich auf den gefährlichsten Stunt vorzubereiten, den er je auf der Leinwand absolviert hatte.
Simon Pegg, ein guter Freund von Tom Cruise, der an dem Tag am Set war, als sein Kumpel mit dem Motorrad von dem Berg sprang, erinnert sich lebhaft an den Schrecken, als er hilflos zusehen musste. Er wird auch nie den Ausspruch vergessen, den er und die Crew zu sagen pflegten, um die Stimmung aufrechtzuerhalten, egal wie stressig es wurde. »An dem Tag, an dem es passiert, wartest du nur darauf, „gute Fallschirmkappe“ zu hören,« sagt er. »Denn „wenn du das nicht hörst, dann ist Tom platt“.«
BASE-Sprunglehrer Miles Daisher erklärt: »BASE-Springen ist ein ganz anderes Tier als Fallschirmspringen. Es ist wie Fallschirmspringen auf Steroiden. Beim Fallschirmspringen hat man Zeit zum Nachdenken. Beim BASE-Springen reagiert man nur, also mussten wir ihn in die Lage versetzen, auf alle möglichen Situationen zu reagieren.« Zum Vergleich: Bei dem HALO-Trip, den Tom Cruise in Fallout absolvierte, wurde der Fallschirm in einer Höhe von 1000 bis 2000 Fuß geöffnet. Bei einem BASE-Sprung geschieht dies bei 500-600 Fuß!
»Wenn er die Klippe verlässt, muss er seinen Fallschirm innerhalb von sechs Sekunden öffnen«, sagt Allan Hewitt, Sicherheitsbeauftragter für Fallschirmabsprünge und Fallschirmspringer-Koordinator der Produktion. »Wenn er es nicht schafft, seinen Fallschirm innerhalb von sechs Sekunden zu öffnen, hat er nur noch zwei Sekunden Zeit, bevor er auf die Felswand aufschlägt. So eng ist es.«
Tom Cruise dachte unter anderem an die Hauptdrohne und daran, dass er seine Geschwindigkeit an sie anpassen musste, um sich im Bild zu halten. Dann waren da noch die tückischen Seitenwinde, die ihn vom Kurs abbringen konnten. Und dann war da noch der Ausstieg aus dem Motorrad und die Schnürsenkel, von denen er befürchtete, dass sie sich darin verheddern könnten, wenn er versuchte, das Motorrad loszuwerden.
In der Luft hatte sich jedoch eine seltsame Gelassenheit eingestellt. »Wenn ich mir diese Sequenzen hinterher auf der Leinwand ansehe, geht alles so schnell«, sagt der Schauspieler. »Aber wenn ich sie drehe, in dem Moment, ist es, als würden sich die Dinge verlangsamen. Es ist, als würde sich die Zeit ausdehnen. Alles fühlt sich wie in Zeitlupe an, fast so, als ob ich Dinge sehen kann, bevor sie passieren, und Fehler vermeiden kann. Ich habe Geschichten darüber gelesen, wie Baseballspieler die Naht eines Baseballs sehen können, wenn er auf sie zukommt, und sie wissen, dass es ein Homerun wird, bevor sie ihn überhaupt schlagen. Viele meiner Freunde sind Sportler, und sie sprechen darüber – darüber, was in diesem Moment mit der Zeit passiert.«
»Ab einem gewissen Punkt lernt man einfach, zu antizipieren«, sagt Tom Cruise. »Wenn man etwas zum ersten Mal macht, scheint alles so schnell zu gehen. Aber je mehr man übt, desto mehr sieht man es. Plötzlich ist man in der Lage, die Dinge einfach zu erledigen. Es geht nur darum, deine Fähigkeiten, deine Kompetenz zu stärken.« Da ist es wieder, dieses Wort.
Kompetenz ist entscheidend, wenn es um Tom Cruise geht. »Darauf habe ich mein ganzes Leben lang hingearbeitet«, sagt er. »Egal, was ich tue, ob ich schauspielere oder produziere, ein Flugzeug mit 300 Meilen pro Stunde in Bodennähe fliege, mit dem Schwert kämpfe, renne, ein Auto in den Verkehr lenke oder mit dem Motorrad von einer Klippe springe – ich will immer sicherstellen, dass ich bei allem, was ich tue, kompetent bin.«
»Ich habe Tom schon sehr früh gesagt, dass ich wollte, dass der nächste Teil von Mission ein Gefühl von Abenteuer hat, ich wollte einen größeren Film machen, einen globaleren Film. Dazu gehörte auch, einen romantischeren Film zu machen, und nichts war für mich so romantisch wie ein Zug, insbesondere der Orient-Express«, erzählt Regisseur Christopher McQuarrie. »Und das wird natürlich durch die Kollision mit Mission: Impossible eine Actionsequenz in einem Zug. Und das wird wahrscheinlich nicht gut für den Zug selbst enden.«
»An einer Stelle hängt der Zug senkrecht von der Brücke, und Tom und ich müssen durch die Waggons klettern, während verschiedene Objekte um uns herum fallen«, sagt Hayley Atwell über die hochintensive, wirklich erschreckende Sequenz. Sie lacht und fügt hinzu: »Da war nicht wirklich Schauspielerei gefragt.«
Als sie erschöpft von den vielen Aufnahmen an ihrer Markierung hing, erinnerte sie sich daran, dass ihr jemand eine kleine Schachtel Pralinen überreichte, weil Tom Cruise sich Sorgen machte, dass sie durch das Erlebnis vielleicht eine Adrenalinmüdigkeit bekommen hatte. »Ich schnappte sie mir und sagte: „Ich schaffe das!“«
Das Ergebnis kann sich sehen lassen, auch wenn es im Gegensatz zum Vorgänger Fallout Abstriche gibt. Wieder rennt Ethan Hunt auf einem Dach, und es gibt wieder eine Verfolgungsjagd durch eine europäische Hauptstadt – in Fallout war es Paris, hier ist es Rom. Dafür ist diese etwas lustiger – eine Art turbogeladenes Tribut an Federico Fellinis La Dolce Vita.
»Wie ich schon sagte, diktiert uns der Drehort die Handlung, und so war es auch in Rom«, sagt „McQ“. »Wir kamen nach Rom, um eine Verfolgungsjagd zu drehen, und wir ließen uns von der Stadt sagen, welche Art von Verfolgungsjagd es werden sollte. Und dieser Drehort bot sich für etwas Ungewöhnliches für die Lizenzproduktreihe an – nämlich etwas mit viel mehr Humor, eine etwas romantischere Verfolgungsjagd, als wir sie bisher hatten.«
»Tom fuhr und driftete einhändig durch die Straßen von Rom… Das war ein Tag, den ich nie vergessen werde«, fügt Hayley Atwell hinzu. Und in der Tat sieht das schon sehr knuffig aus – Hayley Atwell und Tom Cruise mit Handschellen aneinander gekettet in einem kleinen gelben Fiat 500, praktisch eine fahrbahre Telefonzelle, verfolgt von einer völlig ungewohnt agierenden Pom Klementieff, dessen Figur Paris (Sie spricht im Film auch nur Französisch.) die beiden quasi als Raubtier in einem Hummer verfolgt – egal ob auf Straßen oder auf Treppen.
»Das Fahren des Hummers hat so viel Spaß gemacht, dass ich lachen wollte, aber ich wollte auch cool aussehen, also musste ich es ein bisschen abmildern. Jetzt gibt es ein kleines Lächeln, aber nicht zu viel«, lacht sie. »So ist das eben bei einem Mission-Film. Man darf all diese verrückten Sachen machen!«
Dieser Abschnitt kann Inhalte verraten!
Als die Verfolgungsjagd in einem U-Bahn-Tunnel endet, bekommt das Ganze skurrile Bezüge. Nicht nur, dass der Fiat von einem Zug aufgeraucht wird, der merkwürdigerweise wieder mal wie eine US-amerikanische Lok trötet und wie diese nicht abbremst, weder vor noch nach dem Aufprall, auch überlebt es Ethan Hunt mit dem Lenkrad in der Hand – eine Verbeugung vor klassischer Stuntkomik á Buster Keaton. Interessant ist dagegen jedoch, dass später im Akt mit dem Orient-Express alles mit eisenbahntechnisch rechten Dingen zugeht und keine US-Lok-Tröte zu vernehmen ist!
Interessant ist auch, wie sich der IMF-Kreis mit dem vermeintlich letzten Abenteuer schließt, indem Eugene Kittridge, der IMF-Vorgesetzte aus dem ersten Film, wieder auftaucht – erneut gespielt von Henry Czerny. Zugutehalten kann man dem ersten Teil noch, dass das Ende zwar erwartungsgemäß offen bleibt, der Film jedoch nicht mit einem Cliffhanger endet, auch wenn es kurz vor Ende einen buchstäblichen gibt.
Seien wir also gespannt, was der Schlüssel schließt, was für Code Luther im stillen Kämmerlein ausbrütet und wie das IMF-Team Gabriel und die KI zur Strecke bringen kann – und vor allem, welche Orte im voraussichtlich letzten Film malträtiert werden…