Für besonders aufmerksame Zuschauende lässt sich in der Wohnung des Professors sogar ein lustiges Easter Egg aus Sideways entdecken. »Auf seinem Schreibtisch befindet sich eine Requisite, die auch in der Wohnung seiner Figur in Sideways zu sehen war«, verrät Produktionsdesigner Ryan Warren Smith. »Es ist eine kleine Skulptur, die Alexander unbedingt in den Film einbauen wollte.«
Angus Tully (Dominic Sessa) und Paul Hunham (Paul Giamatti)
Paul Hunham (Paul Giamatti)
Angus Tully (Dominic Sessa) und Mary Lamb (Da’Vine Joy Randolph)
Paul Hunham (Paul Giamatti)
Paul Hunham (Paul Giamatti)
Mary Lamb (Da’Vine Joy Randolph)
Angus Tully (Dominic Sessa)
Paul Hunham (Paul Giamatti) und Angus Tully (Dominic Sessa)
Mary Lamb (Da’Vine Joy Randolph), Paul Hunham (Paul Giamatti) und Angus Tully (Dominic Sessa)
Angus Tully (Dominic Sessa), Mary Lamb (Da’Vine Joy Randolph) und Paul Hunham (Paul Giamatti)
Angus Tully (Dominic Sessa), Mary Lamb (Da’Vine Joy Randolph) und Paul Hunham (Paul Giamatti)
Paul Hunham (Paul Giamatti)
Angus Tully (Dominic Sessa), Paul Hunham (Paul Giamatti) und Mary Lamb (Da’Vine Joy Randolph)
Angus Tully (Dominic Sessa) und Paul Hunham (Paul Giamatti)
Angus Tully (Dominic Sessa)
Regisseur Alexander Payne mit Paul Giamatti und Da’Vine Joy Randolph am Set
Da’Vine Joy Randolph mit Regisseur Alexander Payne am Set
Weihnachtsstimmung? Leider nein! Im Elite-Internat Barton Academy betreut der unbeliebte Lehrer Mr. Hunham die unglücklichen Schüler, die nicht wissen, wo sie die Feiertage verbringen sollen. Nach ein paar Tagen ist nur noch ein Schüler übrig – der aufmüpfige Angus. Zusammen mit Köchin Mary erleben sie allerlei kuriose Missgeschicke und bewegende Momente, die das ungleiche Trio zu einer Ersatzfamilie wider Willen zusammenschweißen.
»Life is like a chicken ladder – short and dirty.«
Paul Hunham
Alexander Payne, der sich wie kein Zweiter auf warmherzige Geschichten voller Menschlichkeit versteht, meldet sich zurück und holt erstmals seit fast zwanzig Jahren wieder Sideways-Star Paul Giamatti vor seine Kamera. Mit viel Feingefühl, noch mehr Herzenswärme und dem für ihn typischen Humor erzählt der Filmemacher davon, dass man zusammen weniger allein ist – und manchmal gerade von den Menschen am meisten lernt, mit denen man am wenigsten gemeinsam hat.
Wie schon in Sideways, The Descendants oder Nebraska gelingt ihm auch hier eine feinsinnige Geschichte, die gleichzeitig charmant, nachdenklich und sehr witzig ist. Die Idee hatte jedoch ein Franzose, der vor fast 100 Jahren einen Film über einen Lehrer in einem reinen Jungeninternat drehte – Merlusse von Marcel Pagnol.
»Ich habe den Film nur einmal gesehen, aber er hat mich nicht mehr losgelassen«, erinnert sich Alexander Payne, der ihn vor über zehn Jahren gesehen hat. Und er war sich sicher, dass diese Geschichte über eine Gruppe von Internatsschülern, die während der Ferien mit einem verhassten Lehrer in der Schule zurückbleiben, eine großartige Grundlage für eine neue Geschichte bieten würde.
Wie es der Zufall wollte, landete bald ein Drehbuch auf seinem Schreibtisch, durch das sich die Idee des Regisseurs noch verfestigte. »David Hemingson hatte ein wunderbares Drehbuch für eine Serien-Pilotfolge geschrieben, die in einer Privatschule für Jungs spielte«, erzählt er. »Ich rief ihn an, auch wenn ich kein Interesse hatte, diesen Serienpiloten zu drehen. Aber ich fragte ihn, ob er sich vorstellen könnte, das Drehbuch für einen Spielfilm zu schreiben, das auf einer ähnlichen Idee basiert.«
Normalerweise schreibt Alexander Payne seine eigenen Drehbücher, doch vor allem beeindruckte ihn David Hemingsons unverkennbares Talent und seine persönliche Verbindung zu dem Stoff. Die Serien-Pilotfolge handelte von einer Privatschule im Jahr 1980, doch Alexander Payne hatte eine zehn Jahre früher angesiedelte Geschichte im Sinn.
»Alexander formulierte es so: „Es ist die Geschichte von einsamen Menschen an Weihnachten, wie sich ihre Beziehung zueinander entwickelt und welche Abenteuer sie gemeinsam erleben“«, fasst David Hemingson zusammen.
»Es gibt einen Grund, warum Alexander ein so großartiger Autor ist: weil er ein Humanist ist. Es geht ihm immer um Geschichten der Menschlichkeit, und genau dazu hat er auch mich ermutigt. Ich bin ihm für immer dankbar, dass er mich in diese Richtung getrieben hat, weil er auf der Leinwand keine perfekten Menschen, sondern solche mit Fehlern sehen will.«
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Paul Hunhams Hauptfach Geschichte kommt nicht von ungefähr – Alexander Payne hat selbst früher am College Geschichte studiert und liest auch heute immer noch gern Sachbücher zu historischen Themen. »Inzwischen habe ich verstanden, dass das Drehen eines Films, der in der Vergangenheit spielt, näher an eine Zeitreise herankommt als irgendetwas sonst – und das war eine wunderbare Erfahrung«, sagt er.
Aber auch David Hemingsons Erfahrungen spielten mit hinein: »Mein Vater unterrichtete an der Watkins-Schule, einer außergewöhnlichen Privatschule in Hartford, und meine Mutter fand, dass ich dort hingehen solle – auch um die Chance zu haben, meinen Vater ein bisschen kennenzulernen.
Also besuchte ich sechs Jahre lang diese Schule, und viele der Personen, die nun im Film vorkommen, sind angelehnt an Leute, die ich damals dort kannte. Das war eine vollkommen andere Welt für mich, sehr exklusiv und mit jeder Menge Geld und Privilegien, aber auch viel Schmerz. Denn die Adoleszenz ist immer eine schwierige Zeit.«
Auch die enge Beziehung zu seinem Onkel Earl inspirierte den Drehbuchautor. »Er war ein bemerkenswerter Mann, der letztlich die Grundlage für die Figur von Paul bildete«, erklärt er. »Obwohl mein Onkel nie das College abgeschlossen hat, weil er in der Armee war, arbeitete er für die Vereinten Nationen und sprach acht Sprachen. Einige der Sätze im Film stammen direkt von ihm.
In jungen Jahren schon gab er mir seine abgebrühte, mühsam errungene Weisheit mit auf den Weg, die mich als Mensch auf die bestmögliche Art und Weise geprägt hat. Für mich ist das Kernthema des Films, wie stilles, alltägliches Heldentum Leben verändern kann.«
Die vielschichtige Rolle des Paul Hunham, eines wenig beliebten, aber nicht unsympathischen Professors für alte Geschichte, wurde Paul Giamatti auf den Leib geschrieben. Hunham begann seine Karriere an der Barton Academy als Stipendiat im Alter von 15 Jahren und hat sich in den Jahren seither zu einem strengen Zuchtmeister entwickelt. »Ich fand nach Sideways lange nicht das richtige Drehbuch für ihn«, erklärt Alexander Payne. »Aber hier hatten David und ich eindeutig Paul im Kopf, als wir das Drehbuch schrieben.«
»Dies ist ein Film über diese drei völlig verschiedenen Menschen, die eine Verbindung zueinander aufbauen und eine gemeinsame Basis und Menschlichkeit finden«, beschreibt der Schauspieler das recht komplexe Drehbuch. »Es ist auch eine schöne Geschichte darüber, für andere Menschen Opfer zu bringen. Ich hoffe also, dass der Film dieses Gefühl von gelebter Menschlichkeit vermittelt und sich auf irgendeine Weise tröstlich anfühlt.«
Seiner Figur nicht unähnlich brachte auch Paul Giamatti eine Vorliebe für die antike Geschichte und ein tiefes Verständnis für die akademische Welt in die Rolle ein. Beides verdankt er zum Teil seinem Vater A. Bartlett Giamatti, der Präsident der Yale-Universität war. Paul Giamattis Liebe zum Detail in seiner Darstellung trägt dazu bei, dass seine Darstellung des Paul Hunham so enorm lebendig wirkt.
»Ich ging auf eine Privatschule wie die im Film. Mein Vater war Professor, meine Mutter Lehrerin, auch meine Großeltern waren alle Lehrerinnen und Lehrer. Jeder in meiner Familie ist Lehrer oder Akademiker. Das ist eine Welt, die ich verstehe und zu der ich eine Beziehung habe.
Einige der Texte, über die Hunham im Drehbuch spricht, hatte ich ohnehin gelesen. Ich habe viel über meine Vergangenheit nachgedacht und über die Menschen, die ich früher kannte. Ein großer Teil meiner Vorbereitung bestand darin, darauf zurückzugreifen. Meine Figur ist ein verklemmter Typ, aber er hat einen Sinn für Humor. Der geht zwar oft auf Kosten anderer, aber ich finde ihn witzig.«
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Vom ersten Bild an wird das Publikum in The Holdovers in die Zeit um 1970 zurückversetzt. Von den Knack- und Pfeiftönen auf der Tonspur bis hin zu den ausgeblichenen Farben und den Studio-Logo-Grafiken werden diese Elemente jedem vertraut sein, der vor dem digitalen Zeitalter ins Kino gegangen ist.
Aber vor allem hat Alexander Payne bewusst ein Stück Kino geschaffen, das nicht nur im Jahr 1970 spielt, sondern auch so gemacht ist, als ob es 1970 gedreht worden wäre: »Ich habe, so gut es geht, versucht, mir selbst vorzumachen, dass ich ein Regisseur zur damaligen Zeit bin. Trotz der ganzen Maschinerie hinter mir, mit der wir heute Filme machen.«
»Ich möchte immer, dass das Produktionsdesign so echt aussieht, als ob es gar keinen Produktionsdesigner gegeben hätte«, erzählt der Regisseur. »Manchmal sieht man bei Filmen, die in der Vergangenheit spielen, viele schlechte Beispiele, bei denen sie einem einfach unter die Nase reiben, wie historisch sie sind. Da wir nicht versuchen, die 1970er-Jahre nachzustellen, sondern tatsächlich so tun, als würden wir einen Film im Jahr 1970 drehen, musste das Set so lebendig und authentisch aussehen, wie es damals gewesen sein könnte.«
Alexander Payne ist bekannt dafür, dass er reale Drehorte bevorzugt, die stets selbst eine Hauptrolle spielen. So wurde auch der komplette Film in Massachusetts gedreht, ohne dass auch nur eine einzige Einstellung im Studio entstand.
»Eines der Dinge, die ich an Alexanders Filmen liebe, ist das Gefühl für den Ort in jedem einzelnen von ihnen«, sagt Paul Giamatti. »Es ist immer ein dezidiert amerikanischer Ort, aber dann wird es noch spezifischer, bis hin zu einzelnen Räumen. Es ist wirklich verrückt, wie sehr er ein Auge für Drehorte hat und bis ins Detail die Welt seiner Filme seziert. Das ist wirklich cool.«
»Es stellte sich heraus, dass der Wandel in vielen Teilen Neuenglands wirklich nur langsam vorangekommen war«, lacht der Regisseur. »Es gab viele Schauplätze, an denen wir relativ wenig verändern mussten.«
Aber Alexander Payne ist auch offen für glückliche Zufälle, wenn sie sich bieten. »Wenn ich meine Drehbücher schreibe, lege ich schon ziemlich genau fest, wie am Ende alles aussehen soll. Aber es gibt durchaus einen gewissen Spielraum für Diskussionen zwischen dem, was ich in der Realität an Drehorten vorfinde, und der Art und Weise, wie ich es in das Drehbuch einbaue«, erklärt er.
Ein Beispiel dafür ist eine Bowlingbahn, die ihnen ein Drehortsucher bei einer frühen Drehort-Führung zeigte. Produktionsdesigner Ryan Warren Smith berichtet: »Im Drehbuch kam eigentlich keine Bowlingbahn vor, aber wir sahen diesen Ort und wussten, dass wir ihn einbauen mussten, weil er so schön war. Also änderten wir eine ganze Szene um diesen Ort herum. Alexander lässt immer zu, dass unerwartete Entdeckungen und das reale Leben am Ende seinen Film noch besser machen.«
Und hin und wieder finden auch Personen jener Drehorte ihren Weg in den Film, wie der Regisseur verrät: »Die beiden Männer, die in der Bowling-Szene an der Rezeption der Bowlingbahn arbeiten, sind tatsächlich deren echte Besitzer. Wir haben ihnen einfach Hemden und Krawatten angezogen, und sie haben ihr normales Ding gemacht. Sie wussten, wie sie sich zu verhalten hatten. Auch der einzige Mitarbeiter eines Schnapsladens, in dem wir gedreht haben, wollte unbedingt im Film mitspielen!«
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The Holdovers ist nicht nur von der Atmosphäre her ein perfekter, anspruchsvoller und besinnlicher Film für die Weihnachtsfeiertage. Es gibt jede Menge Schnee, Weihnachtsfeierlichkeiten, dicke Frauen in der Küche und natürlich Streit und Freud‘. Zudem konzentriert sich der Film eher auf Figuren und Handlung, und dadurch, dass die Geschichte vor einem halben Jahrhundert spielt, gibt es auch keine Ablenkungen durch technische Errungenschaften, die wiederum andere Handlungsmuster hervorgerufen hätten.
Paul Giamatti besticht erneut mit seinem erstklassigen Spiel und verrät auch endlich, welches seiner Augen das richtige ist: „Es ist das rechte, wo man hingucken muss!“ Als Schützling gibt Dominic Sessa sein Filmdebüt, während Da’Vine Joy Randolph eine weitere starke Figur mimt.