Ähnlich wie Mission: Impossible ist Charlie’s Angels ein Kultphänomen der Fernsehseriengeschichte. Sind es bei Kobra, übernehmen Sie (oder auch in der 80er-Neuauflage In geheimer Mission) die ausgeklügelte Technik und Masken, die uns verblüfft haben, waren es Sexappeal und Frauenpower, die die „Engel“ der Detektivagentur Charles Townsend ausmachte.
Nach dem Erfolg des Kinoneustarts der Impossible Mission Force mit Tom Cruise als Ethan Hunt, der aufdeckt, dass sein Chef, der in den Serien hochgeliebte Jim Phelps, auf die dunkle Seite der Macht gewechselt war, was jedoch die Fans der Serien vor den Kopf schlug, dem Erfolg des Actioners von Brian de Palma und der Fortsetzung von John Woo im Jahr 2000 allerdings nicht unbedingt entgegen stand, brachte der Musikvideoproduzent mit dem Künstlernamen McG auch die 3 Engel für Charlie auf die Leinwand.
»No sense of humor, this is your problem.«
John Bosley
John Bosley
Allerdings blieb der große Erfolg der Kinoauswertung mit Cameron Diaz, Lucy Liu und Drew Barrymore aus – es war einfach nur gut aussehende, coole Action mit Frauen. Jetzt hat sich Elizabeth Banks, ihres Zeichens Schauspielerin, zudem auch noch als Regisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin der Neuverfilmung der Lizenzreihe erkoren – keine leichte Aufgabe, die sie jedoch mit Bravour meisterte!
Charlies Engel anno 2019 stehen dem Original in nichts nach, sind jedoch etwas versierter, was vermutlich auch an der ein wenig hanebüchenen Weiterentwicklung der Townsend-Detektei zur weltweiten (Anti-)Spionage-Hilfsorganisation liegen mag, denn, ähnlich wie bei der IMF, spielen die Engel mit technischen Hilfsmitteln und agieren weltweit, weshalb auch dieser Film zum Großteil in Berlin und Hamburg spielt, aber auch in Paris, Istanbul und Rio de Janeiro.
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Zu Beginn des Films sehen wir zunächst die von Kristen Stewart gespielte Sabina Wilson (vermutlich als Verneigung vor der von Kate Jackson gespielten Sabrina Duncan in der Originalserie) in einer recht sexistischen Szene, die sich jedoch schon bald als gespielt herausstellt. Als freilaufende, freigeistige Powerfrau des Teams ist Sabina ein totaler Joker.
Sabina steht die ehemalige MI6-Agentin Jane Kano zur Seite – ein Engel mit dem Herz einer Soldatin und alles, was Sabina nicht ist: »Geradlinig, zielstrebig, fokussiert«, sagt Ella Balinska über ihre Rolle. »Sie findet ihre Kraft in körperlicher Aktivität, sie ist sehr diszipliniert und schafft es immer wieder, die Arbeit zu erledigen.«
Während Sabina ein einsamer Wolf ist, der eine Familie sucht, ist Jane entschlossen, ihre Unabhängigkeit zu beweisen. Sie braucht niemanden und sie will sicher nicht, dass jemand sie braucht. Für die Regisseurin war die Besetzung von Ella Balinska aufregend. Die Schauspielerin wurde nicht nur in allem ausgebildet, von Waffen bis hin zum Nahkampf, sie passte auch perfekt zu der Rolle.
»Jane ist eine Art von Bemüh-dich-drum-mach-was-du-tun-musst-Figur, und Ella ist als Schauspielerin genau das, besonders als natürliche Person«, sagt Elizabeth Banks. »Als Ella die Rolle der Jane übernahm, fühlte ich die perfekte Verschmelzung der Schauspielerin mit der Rolle.«
»Ella ist einer der pragmatischsten Menschen, die ich je getroffen habe«, bestätigt Kristen Stewart. »Sie ist eine unglaubliche Typ-A-Persönlichkeit, und von Punkt A nach Punkt B verläuft eine direkte Linie. Sich in Schnörkeln zu bewegen wäre lächerlich, und ich tanze buchstäblich überall herum, um nach B zu kommen, und das ist es, was ich liebe. Was sie außer ihrer Energie, die liebenswert ist, hinzu bringt, ist, dass sie alles für den Film tun würde. Sie arbeitete härter an den Stunts als alle anderen. Sie ist einfach peinlich seriös. Sie ist einfach bare Münze, herzig und dabei und eine gute Freundin.«
Natürlich fehlt die titelgebende Dritte im Bunde. Elena Houghlin ist zunächst eine brillante Wissenschaftlerin und Ingenieurin, die „Calisto“ geschaffen hat, eine nachhaltige Energiequelle, die entwickelt wurde, um die Art und Weise, wie wir Dinge antreiben, zu revolutionieren. Als ihre Chefs ihre Erfindung auf den Markt bringen, warnt sie sie vor einem Fehler im System: In den falschen Händen kann es als tödliche Waffe eingesetzt werden. Leider entpuppen sich ihre Chefs als „die falschen Hände“.
Das Schicksal (oder auch eine indirekte Anwerbung) führt Elena zur Townsend-Agentur, um Hilfe zu erhalten. Elenas Kampf um den gerechten Einsatz des von ihr entwickelten Geräts entfacht ein weltumspannendes Abenteuer, das nicht nur ihr bisheriges Leben auf den Kopf stellt, sondern auch das der Townsend-Engel.
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Da haben wir nun die neuzeitliche Adaption der Serie, die aber nicht nur neu in die Geschichte einführt, sondern auch die vorangegangenen Installationen nicht außer Acht lässt. So sehen wir bei der altersgemäßen Verabschiedung von John Bosley in den Ruhestand eine Collage von Fotos des von Sir Patrick Stewart gespielten Bosley (mit der Kennziffer 001) und den Film- und Serien-Engeln.
Die Einführung der Weiterentwicklung der Townsend-Detektei als weltweites Unternehmen mit dem Namen Bosley als Dienstgrad mag zwar eine zeitgemäße Adaption sein, doch geht dabei die geheimnisvolle Essenz der Originalserie ein wenig verloren. Einzig Charles Townsend, von den Engeln und Bosley stets Charlie genannt, bleibt anonym und ist nach wie vor nur über eine Telefonleitung über Lautsprecher zu hören.
Während McG in sienen Filmen auf den Original-Charlie John Forsythe zurückgreifen konnte, musste sich Frau Banks hier eine neue Stimme besorgen, denn John Forsythe starb im Jahr 2010. Hinzu kommt, dass dies dann auch altersbedingt nicht mehr der Original-Charlie sein kann. Robert Clotworthy, selbst Film- und TV-Urgestein, das kein Schwein kennt, da er zumeist nur zu hören ist, hat die Sprechrolle des Charlie übernommen. Dafür hat aber Original-Engel Jaclyn Smith einen Gastauftritt in einer der Zusatzszenen am Filmende.
Regisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin Elizabeth Banks ließ es sich trotz all ihrer Aufgaben nicht nehmen, auch selbst mitzuspielen – als erste weibliche Bosley (Kennziffer 342), die zudem zuvor auch noch ein „Engel“ war. Während sie für die inhaltlichen Aufgaben und die Logistik zuständig ist, wird in diesem Film eine neue Figur eingeführt – „Saint“, eine Art Psychotherapeut, Guru, Ernährungsberater, Heiler und zudem Organisator.
»Saint ist derjenige, zu dem du nach hause kommen willst, der sich um dich kümmern soll«, sagt sie. »Er kümmert sich um die Gesundheitspflege und macht vermutlich auch die Steuererklärung. Er hilft uns beim Training, unseren Diätplänen und therapiert uns womöglich auch nach einem harten Tag.«
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Elizabeth Banks liefert mit ihrer Version von 3 Engel für Charlie ein zeitgemäßes Update, das ein wenig die Fans des Originals erzürnt, zumal hier, um den Kreis zu Mission: Impossible zu schließen, ebenfalls eine interne Figur die Seiten gewechselt hat. Ob es demnächst jedoch eine Zusammenarbeit mit Ethan Hunt geben wird, bleibt unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Entgegen der weitläufigen miesen Bewertungen, die vermutlich von beinharten Fans und Auslandsfeinden stammen, ist der Film äußerst unterhaltsam und kurzweilig.
Klar, es gibt hier und dort ein paar völlig unglaubwürdige Actionszenen, die an Comic-Fantasie erinnern, doch die Ästhetik, der Humor und die Schauspielenden machen den Film zu einem Kinospaß, der nach einer Fotsetzung schreit! Jetzt, wo sich das Team aus Kristen „Bella Swan“ Stewart, Naomi „Prinzessin Jasmine“ Scott, Elizabeth „Effie Trinket“ Banks und der noch relativ unbekannten Ella Balinska gefunden hat, bekommt man doch Lust, mehr von ihnen zu sehen.
Nicht nur überzeugen die Schauspielerinnen mit ihren Rollen, auch sind die coolen Sprüche nicht so abgedroschen. Zudem ist der Film auch technisch gesehen nicht unbedingt nur für Männer gemacht. »Ich wollte etwas machen, was sich für Frauen und Mädchen wichtig anfühlt, das ihr Potenzial in der heutigen Welt feiert – und was Frauen leisten können, vor allem, wenn sie zusammenarbeiten«, sagt die Regisseurin. »Dass diese Frauen zusammenarbeiten, sich gegenseitig ergänzen, dass sie sich an der Schulter der anderen ausheulen können, sich gegenseitig den Rücken stärken, das finde ich sehr reizvoll.«
Außerdem wurde in den Babelsberger Studios gedreht, die Hamburger Philharmonie wird zum Firmensitz und unter der Berliner Museumsinsel findet sich das Berliner Büro der Townsend-Agentur, was innen jedoch im stillgelegten Kraftwerk gedreht wurde. Im Schloss Moritzburg bei Dresden wurde die Party am Finale gedreht. Der Film besticht somit durch eine ordentliche Menge Lokalkolorit.
Und natürlich darf auch hier das musikalische Originalthema nicht fehlen – hier von Brian Tyler interpretiert, der höchstpersönlich einige Instrumente bespielte. Zu hören ist eine Mischung aus sinfonischer Musik, Hip-Hop und 70er-Jahre-Groove. Am Ende gibt es dann noch ein paar Zusatzszenen mit diversen Gastauftritten und Elenas Initiierungszeremonie (erklärt sich im Film).