Dienstag, 23. April 2024
Der vom Pech verfolgte Auftragsmörder mit dem Decknamen „Marienkäfer“ ist entschlossen, seinen Auftrag in Ruhe und Frieden zu erledigen, nachdem in letzter Zeit zu viele Dinge aus dem Ruder gelaufen sind. Das Schicksal hat jedoch andere Pläne, denn seine neueste Mission setzt ihn auf einen direkten Kollisionskurs mit tödlichen Gegnern aus der ganzen Welt, die alle irgendwie miteinander verbunden sind, dabei aber verschiedene Ziele verfolgen.
Das alles passiert an Bord des schnellsten Zuges, den es gibt – den Shinkansen, der mit 16 Wagen über 300 km/h schnell die Städte Tokio und Kyoto miteinander verbindet. Zum Ein- und Aussteigen hält der Zug an jeder Station nur für genau eine Minute. Unter der Regie von David Leitch ist die Endstation erst der Anfang, in dieser wilden, atemlosen NonShort-Stop-Fahrt durch das moderne Japan…
Bullet Train bringt sieben Figuren zusammen, die alle miteinander verbundene, widersprüchliche und manchmal auch verwirrende Ziele verfolgen. »Das Schicksal bringt diese Menschen in diesen Zug, und ihre Energien verbinden sich auf die verrückteste und verrückteste Art und Weise, die möglich ist«, sagt Produzentin Kelly McCormick, die David Leitchs Partnerin ist, sowohl beruflich als Produzentin als auch im Leben als seine Ehefrau. »Für David war es wichtig, einen Film zu machen, der einen emotional mitnimmt. Als er die Gelegenheit sah, das mit diesen Figuren zu tun, war er sofort Feuer und Flamme.«
»All diese Figuren zeigen ihre Menschlichkeit«, sagt David Leitch. »Marienkäfer will ein besserer Mensch sein. Aber man sieht es auch bei den von Brian Tyree Henry und Aaron Taylor-Johnson gespielten Figuren in ihrer Brüderlichkeit – sie sorgen eindeutig füreinander. Joey Kings Figur ist ein Soziopath, aber sie hat eine Dynamik mit ihrem Vater, mit der wir uns alle identifizieren können. Man kann diese Reise mit diesen unbarmherzigen Mördern antreten und trotzdem mit ihnen fühlen, Spaß haben und über die Witze lachen.«
Die Geschichte und die Figuren könnten aus der Vorstellung von Quentin Tarantino entstanden sein. Vielleicht stand Pulp Fiction auch Pate für das Duo Zitrone und Mandarine, während Joey King optisch an eine jüngere Version von Carla Gugino aus Gunpowder Milkshake erinnert. Doch in Wirklichkeit basiert der Film auf dem Roman „Marienkäfer“ von Kōtarō Isaka, einem der populärsten und meistgelobten Romanautoren Japans. Zwei der ausführenden Produzenten des Films, Yuma Terada und Ryōsuke Saegusa, sind Mitbegründer der in Tokio und New York ansässigen Produktionsfirma und Literaturagentur CTB, die zeitgenössische japanische Erzählungen nach Hollywood bringt. Sie unterstützten die Idee, Bullet Train als eine globale, internationale Geschichte zu adaptieren.
Diese Adaption brachte zunächst Bürgerrechtler auf die Palme, da die Figuren von Brad Pitt und Joey King im Original Japaner sind und trotz des kürzlichen Erfolgs von Filmen wie Crazy rich Asians und Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings Asiaten nicht die Hauptrollen in Straßenfegern spielen können. Im Film fällt das jedenfalls nur bedingt auf, da die Mörder schließlich aus aller Welt kommen. Immerhin ist mit Zazie Beetz auch eine Berlinerin dabei.
Außerdem haben wir mit Hiroyuki Sanada als derzeitigen Vorzeige-Japaner, Karen Fukuhara aus The Boys und dem etwas in Vergessenheit geratenen Masi Oka aus Heroes, sowie dem noch etwas unbekannten Andrew Koji aus Snake Eyes | G.I. Joe Origins einen kleinen Ausgleich vorzuweisen. Hinzu kommt das knuffige Gleithörnchen[1] Momomon, dem ein ganzer Wagen gewidmet ist, was absurden Spaß garantiert.
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Aber auch wenn der Film ein echter Knaller ist, der mit flotten Sprüchen und Dialogen und jeder Menge Blut und Slapstick aufwartet, so gibt es doch den einen oder anderen Anschlussfehler – sei es die blutenden Augen, die in der nächsten Szene plötzlich nicht mehr bluten, oder die Pistole des „Prinzen“, die in ihrer Hand nicht explodiert. Vielleicht muss man da auch den Film mehr als einmal sehen, um die ganzen Kleinigkeiten aufzusaugen, die im Abspann mit den Namen mitrollen.
Am Ende werden jedoch alle möglichen offenen Fragen beantwortet, wie der Weg der Wasserflasche oder die letzte Actionszene. Allerdings ist der Film mit all seinen gewaltverherrlichenden Szenen, die zum Teil doch heftig an Slasher-Filme erinnern, ab 16 Jahren freigegeben – vermutlich um das jugendliche Zielpublikum in die Kinos zurückzuholen.
„Der Film enthält eine Vielzahl an Action- und Kampfszenen, bei denen es oft zu drastischer Gewalt und brutalen Tötungen kommt“, heißt es in der FSK-Begründung. „Allerdings werden diese Szenen immer wieder von Humor, Ironie und skurrilen Wendungen gebrochen und dadurch in ihrer Wirkung gemildert. Insgesamt ist der Film für Jugendliche ab 16 Jahren als realitätsferne Actionfarce erkennbar, sodass es ihnen leicht fällt, eine emotionale Distanz von den Geschehnissen zu wahren und auch die drastischeren Gewaltmomente angemessen einzuordnen.“ Na dann: Gute Unterhaltung, und möge der Mariechenkäfer mit euch sein!

26.01.2023 | mz
Kategorien: Feature | Filme