Der Filmkünstler fürs Abartige und Spezialist für deprimierende Stoffe meldet sich mit Melancholia auf der Leinwand zurück. Mit einem Querschnitt der internationalen Darstellerriege erschuf Lars von Trier diesmal einen Endzeitfilm, der fiktiver kaum sein kann und dabei einen weiteren Einblick in seine zutiefst düstere Gedankenwelt liefert.
Gleich zu Beginn des Films sieht man das Ende in (alb)traumhaft schön gezeichneten Bildern um den Untergang der Erde, das wie ein in Zeitlupe fließendes Gemälde, untermalt von Richard Wagners melancholischer Musik aus „Tristan & Isolde“, Momentaufnahmen der Hauptprotagonisten in verschiedenen Augenblicken einfängt. (Wem dieser Satz schon zu kompliziert ist, der sollte auch die Finger von dem Film lassen.)
Im Mittelpunkt steht die unter Depressionen leidende Justine, die aus nicht näher erklärten Gründen geheiratet hat. Die aus reichen Verhältnissen stammende Werbefachangestellte befindet sich mit ihrem Ehemann Michael auf dem Weg zum Landsitz der Familie. Da die luxuriöse Stretchlimousine auf dem Weg zur Feier in den engen Waldwegkurven zum Anwesen nicht weiter kommt, muss das Hochzeitspaar den weiten Weg laufen und kommen viel zu spät dort an.
Ihre Schwester Claire hat mit ihrem Mann John die Feierlichkeiten organisiert und finanziert. Beide sind reichlich angespannt, dass das Hochzeitspaar erst Stunden später als geplant eintrifft. Doch nicht nur durch die Verspätung soll die Hochzeitsfeier zu einem Fiasko werden…
Alle Familienmitglieder scheinen ein Ding an der Waffel zu haben – die Mutter kann der Ehe rein gar nichts abgewinnen und boykottiert alle Zeremonien, während der verrückte Vater mit zwei nicht mal halb so alten Bettys flaniert und Silberlöffel klaut. Einzig Claire versucht, mit ihrem Mann und Sohn Leo die Wogen zu glätten und den Anschein zu wahren.
Doch Justine seilt sich immer wieder von den Feierlichkeiten ab, nimmt ein Bad, pinkelt auf den Golfplatz und macht ihren frischgebackenen Ehemann heiß, um ihn später eiskalt abzuservieren. Sie kündigt ihren Job, obwohl ihr Chef und Trauzeuge sie kurz vorher öffentlich befördert hat und vögelt auf dem Golfplatz den Juniormitarbeiter. Soviel zum ersten Akt!
Im zweiten Akt wird das Ganze noch skurriler. Dieser dreht sich mehr um Claire und wie sie sich um ihre depressive Schwester kümmert, und, wie im ersten Akt schon angedeutet, um einen Planeten namens Melancholie, der viel größer als die Erde ist, und sich seinen Weg auf sie zu bahnt. Justine zieht zu ihrer Schwester ins luxuriöse Schloss, da sie sich kaum noch um sich selbst kümmern kann. Und während der Planet immer näher auf die Erde zurast, geraten alle immer mehr in Panik, nur Justine scheint immer mehr ihren Frieden zu finden…
Der Film ist ein Kunstwerk und auch als solches zu Betrachten. Es ist aber auch ein Kunstwerk, das Depressionen verursachen kann und bei all der visuellen Romantik auch verstärkt Langeweile hervorruft, wie sie so standardgemäß in Kirsten Dunsts Gesicht geschrieben steht, was auch zu erhöhtem Schlafverlangen führen kann. Einzig die stilvollen Stilleben, die Lars von Trier zeichnet, als auch die schauspielerischen Leistungen der Charlottes, der Skarsgårds und von John Hurt können sich sehen lassen. Cineasten und Kunstliebhaber werden den Film jedenfalls eher mögen als alle anderen Kinogänger.