Samstag, 27. Dezember 2025
Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
Micha Hartung (Charly Hübner)
zurück
vor
 
Der kurz vor der Pleite stehende Berliner Videothekenbesitzer Micha Hartung wird ungewollt zum gesamtdeutschen Helden: Als ihn zum 30. Jahrestag des Mauerfalls ein Journalist zum Drahtzieher der größten Massenflucht der DDR stilisiert, steht sein Leben plötzlich Kopf. Als Hochstapler wider Willen verstrickt sich Micha in einem Gestrüpp aus Halbwahrheiten und handfesten Lügen.
Und als das fragile Kartenhaus der Geschichte um ihn herum einzustürzen droht und sein Leben so richtig im Chaos versinkt, trifft er Paula. Dass eine erfolgreiche, kluge und witzige Frau wie sie sich für einen Mann wie ihn interessieren könnte, hätte Micha nicht für möglich gehalten. Doch die sich anbahnende Liebesgeschichte wird von der Lüge überschattet.
»Das ist ja hier heller als auf dem Todesstreifen!«
Micha Hartung
Die herzenswarme Komödie über Geschichte als Mythos, die Tücken Deutscher Erinnerungskultur und das Leben als Spiel des Erinnerns, Vergessens und Erfindens ist ein vergnügliches Lehrstück über die Hierarchie der Geschichtsschreibung und ein Film über die Kraft des Geschichtenerzählens.
Am 12. Dezember 2024 ist Wolfgang Becker kurz nach Ende der Dreharbeiten gestorben. Genau ein Jahr später ehrt der X Verleih den Erfolgsregisseur, der mit Good Bye, Lenin! Kinogeschichte geschrieben hat, mit der Veröffentlichung seines letzten Werks, das seine künstlerischen Wegbegleiter, Achim von Borries als Regisseur und Produzent Stefan Arndt, in Wolfgang Beckers Sinne zu Ende gebracht haben.
Stefan Arndt, der neben Wolfgang Becker, Dani Levy und Tom Tykwer 1994 die Produktionsfirma X Filme Creative Pool gegründet hatte und auch vor 25 Jahren den X Verleih mitgründete, gehört auch zu den Produzenten der Erfolgsserie Babylon Berlin, bei der auch Achim von Borries als einer der Regisseure und Drehbuchautoren fungierte.
Und so finden sich auch die jeweils üblichen Gesichter in diesem Film wieder. So hat z.B. Daniel Brühl eine witzige Rolle als Schauspieler, der Micha in der Verfilmung der Geschichte spielen soll und diesen in Vorbereitung auf seine Rolle den ganzen Tag beobachtet und imitiert. Und Jürgen Vogel, der zusammen mit Christiane Paul in Wolfgang Beckers Das Leben ist eine Baustelle gespielt hatte, ist hier als Werbefilmregisseur zu sehen – auch eine urkomische Szene, wenn Micha den Werbespruch nicht so ganz hinbekommt.
📼
Der Film ist trotz seiner unmöglichen Prämisse aus der Literaturvorlage sehr liebenswürdig, satirisch und urkomisch. »Das war immer das Thema von Wolfgang Becker«, sagt Stefan Arndt, »der Kampf des einzelnen Losers, des ganz gewöhnlichen, nicht gerade vom Glück verfolgten Menschen gegen den unfassbaren Wahnsinn in dieser Welt. Das, was dem Helden in dieser Geschichte passiert, könnte in der heutigen harten Realität jeden von uns treffen.«
Interessant und zugleich enttäuschend war für die Filmemacher jedoch die Tatsache, dass sie weder im Reichstag noch im Bundeskanzleramt drehen durften. »Das war schon hart«, erzählt der Produzent weiter, »weil Wolfgang Becker wirklich viel für die deutsche Kultur, den deutschen Film und auch für die Auslandswirkung des Ganzen getan hat. Was man bei ihm nie vergessen darf: Es gab zwar immer so einen Hass auf die Herrschenden und Bösen, aber auch eine große Liebe zu diesem Land.«
Bevor er starb, hat Wolfgang Becker noch eine allererste Rohschnittfassung des Films gesehen und war sehr glücklich darüber, weshalb dieser Film auch ein wahrhaftiger und geradezu quintessenzieller Wolfgang-Becker-Film ist, der das Publikum gleichzeitig zum Lachen, Weinen und Nachdenken bringt.
»Wolfgang hatte so viele Ideen und Positionen und Meinungen, dass er in seine Filme niemals nur eine Geschichte erzählt hat«, sagt Stefan Arndt. »Natürlich geht es auf der einen Seite um die Legende dieser Massenflucht und darum, wie Medien heutzutage mit ihren Helden umgehen.
Auf der anderen Seite geht es um die Schwierigkeit, als Erwachsener heutzutage die Liebe zu finden und damit umzugehen. Tatsächlich hatten Wolfgang und ich uns immer geschworen, dass wir einmal zusammen einen Liebesfilm drehen würden – einen erwachsenen Liebesfilm, ohne den ganzen schlecht inszenierten Leinwandsex. All das ist Wolfgang gelungen.«

13.12.2025 | mz | Quelle: X Verleih
Kategorien: Kino
Genres Komödie