Sonntag, 20. April 2025
Anora
© Anora Productions | Focus Features
Anora arbeitet als erotische Tänzerin in einem Stripclub. Als ihr eines Abends der junge Wanja jede Menge Geld zusteckt, wittert sie mehr und schon bald tanzt sie nur noch exklusiv für ihn. Nach einer Woche Tanz, Sex und Party fliegt die russisch-amerikanische Sexarbeiterin mit dem Oligarchensohn nach Las Vegas, wo die beiden spontan heiraten.
Doch schon bald bekommen seine Eltern Wind davon und schicken den Fixer Toros mit seinen Handlangern Garnik und Igor zum familiären Anwesen in Brighton Beach. Ani, noch voll im Flitterrausch, weiß plötzlich nicht, wie ihr geschieht. Die „Prostituierte“ muss weg und die Ehe annulliert werden!
Dieser Plan geht jedoch nach hinten los, als Iwan flüchtet und Ani sich als wilde Kämpferin erweist, die sich angesichts der drohenden Annullierung zur Wehr setzt. Während Wanjas Eltern auf dem Weg nach Amerika sind, ist Ani gezwungen, sich mit Toros, Garnik und Igor auf die Suche nach ihrem flüchtigen
Ehemann zu begeben und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um ihr neues Leben zu behalten…
»Touché!«
Ani
»Touche.«
Igor
Als zentrale Szene im Film fungiert ein Einbruch in ein Haus, der unter der Leitung von Toros durchgeführt wird. Auftraggeber des Verbrechens ist sein Chef – ein mächtiger russischer Oligarch. Allerdings läuft die Operation für Toros und seine beiden Komplizen spektakulär aus dem Ruder. Filmemacher Sean Baker sagt: »Für mich war klar, dass ich den Einbruch in der Filmmitte und in Echtzeit zeigen will. Daher war das gesamte Drehbuch darauf ausgerichtet. Es ging nur darum, wie wir an diesen Punkt kommen und wie es sich auflösen sollte.«
Leider merkt man das auch. Durch die langatmige Vor- und Nachgeschichte wirkt der Film daher auch so lang wie er ist. Im ersten Drittel des Films wird nur getanzt und gerammelt, im zweiten Drittel verläuft der wahnwitzige Überfall im Haus, während sich erst dann herauskristallisiert, wohin die Geschichte geht – nämlich ins Nirgendwo.
Der Film ist keine Komödie! Auch wenn hier und da witzige Dialoge oder Begebenheiten eingebaut sind, so zeichnet der Film eher eine düstere Liebesgeschichte ohne Zukunft. Man muss mit ansehen, wie sich Ani ins sprichwörtliche offene Messer verrennt. Auch die kalte Jahreszeit (die Geschichte spielt zum Jahreswechsel) trägt dazu bei, sich immer wieder so unwohl und kalt zu fühlen wie Ani.
Zum Finale ändert sich jedoch der Ton erneut und bringt die Geschichte zu einem nuancierten und ergreifenden Abschluss, als Anora an den Ort zurückkehrt, den sie eigentlich hinter sich lassen wollte. Das ist lediglich ein kleines Brikett im Ofen, der sich nicht wirklich aufheizen kann.
Der Film beschreibt eine seelische Vergewaltigung: Ani wird durch die Annehmlichkeiten, die Iwan ihr bietet, zu einer Beziehung verleitet, die kein gutes Ende nehmen kann. Als schließlich sein innerster Kern zum Vorschein kommt, kann und will sie es nicht wahrhaben, dass die letzten Wochen ihres Lebens vergeudet waren.
Und genauso geht es den Zuschauenden: Man erwartet eine romantische Komödie mit multikulturellen Schmuckstücken, doch man bekommt eine vermutlich sehr oft auftretende Geschichte geboten, die eigentlich niemand sehen will, und fühlt sich hinterher wie die Titelfigur im Film. Man möchte die Zeit wiederbekommen, die man damit vergeudet hat…

25.02.2025 | mz | Quelle: Universal Pictures
Kategorien: Kino
Genres: -