Sonntag, 20. April 2025
Für immer hier
Ainda estou aqui
Ein letztes Zusammensein von Familie und Freunden
Rubens (Selton Mello) und Eunice Paiva (Fernanda Torres) sind ein Herz und eine Seele.
Tochter Nalu (Bárbara Luz) tanzt zu „Je t'aime“.
Eunice Paiva (Fernanda Torres) liest ihren Kindern den Brief der ältesten Tochter vor, die nach London gereist war.
Eunice Paiva (Fernanda Torres) hat unerwarteten Besuch.
Eunice Paiva (Fernanda Torres) wird in einer Zelle festgehalten.
Ein Familienfoto für die Presse
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Rio de Janeiro, zu Beginn der 1970er Jahre: Brasilien befindet sich im festen Griff einer Militärdiktatur. Vater Rubens, Mutter Eunice und ihre fünf Kinder wohnen in einem gemieteten Haus am Strand, dessen Türen stets für Freunde offenstehen. Die Zuneigung und der Humor, welche sie untereinander austauschen, sind ihre eigene subtile Form des Widerstands gegen die im Land herrschende Unterdrückung.
Eines Tages werden sie Opfer eines gewalttätigen willkürlichen Übergriffs, der ihr Leben für immer verändern wird. Daraufhin ist Eunice gezwungen, sich neu zu erfinden und eine neue Zukunft für sich und ihre Kinder zu schaffen. Basierend auf Marcelo Rubens Paivas Memoiren leistete diese bewegende Geschichte einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung eines bedeutenden Teils der verschwiegenen Geschichte Brasiliens.
👩🏻
Von all den Oscar®-nominierten Filmen in diesem Jahr ist Für immer hier der vermutlich spannendste und bewegendste Film – um Längen kürzer und interessanterer als der Oscar®-Gewinner Der Brutalist und anspruchsvoller als Anora. Das mag daran liegen, dass diese Geschichte wahr ist. Immerhin erhielt der Film den Oscar® für den besten internationalen Spielfilm sowie Fernanda Torres den Golden Globe® als beste Hauptdarstellerin.
Der brasilianische Regisseur Walter Salles, der sich mit Kritikerfavoriten wie Central Station und Die Reise des jungen Che, aber auch mit Filmen wie Exposure, Dark Water oder On the Road einen Namen gemacht hat, erzählt hier seine vermutlich persönlichste Geschichte, denn er kannte die Familie seit seiner Jugend. »Ich habe die Familie Paiva Ende der 60er Jahre kennengelernt«, erzählt er. »Sie waren damals gerade nach Rio gezogen, wohin ich nach meinem fünfjährigen Auslandsaufenthalt zurückgekehrt war.
Ich verbrachte einen Teil meiner Jugend in dem Haus, das im Mittelpunkt des Films steht. An diesem prägenden Ort entdeckte ich neue musikalische Einflüsse wie Tropicália, hörte leidenschaftliche Debatten über die politische Situation während der Diktatur und lernte Menschen kennen, die mich maßgeblich beeinflussten. Genau wie das Kino weckte das Haus der Paivas in mir die Erkenntnis, dass die Welt sehr viel größer war, als ich sie mir je vorgestellt hatte.«
Zu Beginn des Films lernen wir die Familie und dessen Freunde kennen. Dabei lässt sich der Film Zeit, eine gefühlsmäßige Verbindung zu den Paivas herzustellen. Im Hintergrund, aber auch in der drastischen Straßensperrenszene, in die Vero mit ihren Freunden geriet, erfahren wir immer mehr über die politischen Zustände im Land. Und als dann fremde, grimmig aussehende Männer den Familienvater und ehemaligen Kongressabgeordneten ohne Aufsehen abholt und die Männer die Familie überwachen, rutscht das Herz wie bei den Paivas in die Hose und man ist mittendrin im Geschehen.
Für immer hier ist ein Stück Geschichtsunterricht und ein Familiendrama, das bis heute andauert, denn bis heute wurden die Verantwortlichen der Verschleppung Linksgerichteter, die der Diktatur hätten gefährlich werden können, nicht zur Rechenschaft gezogen oder jene Ära anderweitig aufgearbeitet.
Zum Ende hin, in dem wir die Familie einmal 1996 in São Paulo wiedertreffen, und dann noch einmal 2014, zieht sich der Film etwas in die Länge – vermutlich, weil die letzte Szene noch rein musste, in der im Fernsehen ein Bericht lief, in dem gesagt wird, dass der Körper von Rubens nie gefunden wurde. Das ist starker Tobak und verursacht Kummer – nicht nur bei den Angehörigen.
Am Ende ist auch Fernanda Montenegro als gealterte Eunice zu sehen, die bereits in Central Station die Hauptrolle gespielt hat und zugleich im wahren Leben die Mutter von Fernanda Torres ist.

24.03.2025 | mz
Kategorien: Kino
Genres: -