Dienstag, 19. März 2024
77. Golden Globes verliehen
Die 77. Golden Globe-Verleihung im Beverly Hilton Hotel in Beverly Hills
© HFPA

Vergangene Nacht wurden zum 77. Mal im Beverly Hilton Hotel im kalifornischen Beverly Hills die Golden Globes® verliehen. Bereits zum 5. Mal führte Ricky Gervais durch die Show. Aus noch unbekannten Gründen zog die HFPA nicht mit den Emmys® und Oscars® gleich und ließ die Moderatorenstelle frei. Vermutlich liegt es daran, dass die Golden Globes® ohne Showelement auskommen. Der Moderator machte auch eine Bemerkung über den Nachrufteil, dass dieser nicht divers genug sei, weshalb dieser dann auch aus Zeitgründen gestrichen wurde.
Was die Erwartungen betrifft, gab es wenig Überraschungen. In der TV-Sektion gewannen Fleabag, Chernobyl und die HBO-Familiendramaserie Succession und Olivia Colman gewann diesmal für ihre Rolle der Queen in der Serie The Crown. Ramy Youssef erhielt den Preis als bester Hauptdarsteller in der Komödienserie Ramy über eine algerische Familie in New Jersey. Dieser bedankte sich auch sogleich bei seinem Gott mit einem »Allahu Akhbar!«.
Patricia Arquette, die für ihre Rolle in der Miniserie The Act ausgezeichnet wurde, ließ es sich nicht nehmen, auf die derzeitige Weltlage aufmerksam zu machen. Auch Russell Crowe, der für seine Rolle des Gründers von FOX News, Roger Ailes, prämiert wurde, ließ seine Dankesrede von Jennifer Aniston vorlesen, da er daheim in Australien mit den Buschbränden zu tun hat.
Auch Cate Blanchett, die Joker vorgestellt hat, sprach sich für die Feuerwehrleute aus, die gegen die massiven Buschbrände ankämpfen. Michelle Williams, die für ihre Rolle in der Miniserie Fosse/Verdon ausgezeichnet wurde, machte sich für die Frauen stark und bedankte sich dafür, ihren Weg zu ihren Bedingungen gehen zu können, und sprach sich, ähnlich wie Joaquin Phoenix, der den Globe für seinen Joker entgegen nahm, für politische Veränderungen bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr aus.
Joker erhielt, wie die meisten Gewinner des Abends, ebenfalls eine zweite Auszeichnung – für die beste Filmmusik. Die große Isländerin Hildur Guðnadóttir war so perplex, dass sie in den automatischen Höflichkeitsmodus schaltete und sich x-mal verbeugte, was man eigentlich nur von Japanern kennt. Präsentator Paul Rudd ließ sich sogar damit anstecken.
Auch Quentin Tarantino und Sam Mendes gingen für ihre Werke Once upon a Time …in Hollywood und 1917 mit jeweils zwei Trophäen nach hause. Once upon a Time …in Hollywood bekam jedoch als Sieger des Abends noch mit Brad Pitt die dritte Auszeichnung nach Drehbuch und bestem Film. In seiner Dankesrede erwähnte er dann auch seinen „Partner in Crime, LDC“ – Leonardo di Caprio und warf hinterher: »Ich hätte das Floß geteilt.«
Auch die asiatischen Filme erhielten Preise. So wurde der koreanische Kritikerliebling 기생충 | Parasite als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Regisseur 봉준호 | Bong Junho hat sich mächtig gefreut und hatte eine Übersetzerin mit auf die Bühne genommen, da er nur ein paar Worte Englisch gelernt hatte. Er sagte, dass, wenn man erst einmal die Hürde genommen hat, sich Filme mit Untertiteln anzusehen, man eine Vielzahl hervorragender Filme zu sehen bekommt.
Auch 奧卡菲娜 | Awkwafina, die mit Ocean’s 8, Crazy rich Asians und Jumanji | The next Level jüngst durchgestartet ist, erhielt eine Auszeichnung für ihre Rolle in 别告诉她 | The Farewell, was sogar mit stehenden Ovationen belohnt wurde. Die Komikerin fand das toll: »Das kann man dann in schweren Zeiten verscherbeln.«
Laura Dern heimste den bereits sechsten Globe für ihre Rolle in der Netflix-Produktion Marriage Story ein. Erwartungsgemäß bekam auch Renée Zellweger die Auszeichnung für ihre Interpretation von Judy Garland. Sie war schon sichtbar überwältigt, hatte jedoch auch ein wenig Spott übrig, als Frau auf die äußeren Werte reduziert zu werden: »Hey ihr alle! Ist toll, euch alle nach 17 Jahren wiederzusehen.« 2004 erhielt sie ihre letzte Auszeichnung für ihre Rolle in Unterwegs nach Cold Mountain. Da sich ihre Dankesrede dann doch etwas in die Länge zog, war sie nach Joaquin Phoenix die einzige, die mit musikalischer Untermahlung von der Bühne ging.
Und natürlich durfte Elton John nicht übergangen werden. Als er und Bernie Taupin den Globe für das beste Lied entgegen nahmen, war er verblüfft, denn er hatte »mit diesem Typen noch nie was gewonnen«. Witzig war auch, dass Sir Reginald, als die beiden den Film vorstellten, seine coole Brille abnehmen musste, um den Text auf dem Teleprompter lesen zu können. Zudem wurde natürlich auch Taron Egerton für dessen Darstellung in Rocketman prämiert.
Die Verlierer des Abends waren Jojo Rabbit, Knives out und Disney. Der Animationspool verlor mit drei Filmen (Der König der Löwen, Die Eiskönigin II und Toy Story 4) gegen Mister Link, der aber nach der Fox-Acquise letztlich dann doch beim Konzern landet. Den Cecil B. DeMille-Preis erhielt in diesem Jahr Tom Hanks, der sich ordentlich zusammennehmen musste, nicht in Tränen auszubrechen.
Ellen Degeneres erhielt als Erste nach der Namensgeberin den Carol-Burnett-Preis, der von Kate McKinnon überreicht wurde, die sich an dieser Stelle noch für alle, die es noch nicht mitbekommen haben, als lesbisch outete. Ellen bedankte sich für all die Möglichkeiten, die sie nach ihrem Outing bekam, die 17 Jahre als Talkshow-Moderatorin, in denen sie verschiedenste Menschen kennenlernte, diverse Schicksale beeinflusste und immernoch Menschen anstößt, von sich aus gute Taten zu vollbringen, Spaß zu haben und zu machen. Sie scherzte auch, dass sie maximal 25 Minuten für ihre Dankesrede zugesichert bekommen hatte. Die Rede wurde auch ein wenig lang, aber dennoch unterhaltend und einfühlsam und lustig. Vermutlich war das auch ein Grund, warum die Sendung etwas über 3 Stunden dauerte.
Es war eine recht stimmige Show, wenngleich sie auch lang war und die Trailer von TNT-Serie nervten. Es gab zwar in der ersten Hälfte ein paar akustische Probleme mit der Off-Stimme, die dann aber scheinbar in den Griff bekommen wurden. Und HFPA-Präsident Lorenzo Soria brachte eine Aussage des Moderators auf den Punkt: »Wenn du schon „das letzte Mal“ sagst, gib mir das doch bitte schriftlich!«

27.08.2022 | mz
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