Samstag, 6. Juli 2024

The DUFF
Wesley (Robbie Amell) und Bianca (Mae Whitman) verstehen sich immer besser.
📷 Guy D Alema - © capelight pictures
Seit ihrer Kindheit sind die High-School-Schülerinnen Bianca, Jess und Casey ein Herz und eine Seele – bis Biancas Sandkastenfreund, Football-Star und Mädchenschwarm Wesley, ihr gegenüber beiläufig erwähnt, dass alle in ihr nur die „DUFF“ sehen: Als weniger attraktives Anhängsel der Clique wird sie von den Jungs ausgenutzt, um leichter an Jess und Casey heranzukommen.
Wütend stellt sie ihre Freundinnen zur Rede, die gar nicht wissen wie ihnen geschieht. Schließlich eskaliert der Streit in einer „Unfriend“-Aktion auf allen sozialen Netzwerken und Bianca sucht ausgerechnet Rat bei Wesley. Im Gegenzug für Nachhilfe in Chemie, soll er ihr helfen, das unschöne „DUFF“-Etikett loszuwerden und ihren Schwarm Toby zu erobern. Gesagt, getan – wäre da nicht Wesleys zickige Ex Madison, die mit allen Mitteln versucht, Bianca zu sabotieren.

Lang ist’s her, wo High-School-Komödien die „Teens“ in die Kinos lockten. Einfach zu hAben mit Emma Stone ist auch schon 5 Jahre her. Nun kommt eine Old-School-High-School-Komödie wieder in die Kinos: DUFF, mit dem unsäglichen Untertitel „Hast du keine, bist du eine!“, was schon irgendwie sexistisch klingt, da es im englischen Original keine geschlechtlichen Unterschiede gibt – weder in Wort noch im Film, denn einen DUFF gibt es auch unter Jungs!
Irgendwie ist es schon verwunderlich, dass es einerseits Filmtitel gibt, in denen „schwere“ englische in „einfachere“ englische Wörter „übersetzt“ werden, andererseits man den deutschen Jugendlichen ein Wort wie „Designated“ vorsetzt. „Designated Ugly Fat Friend“ hätte man auch übersetzen können. Dann käme zwar ein unaussprechliches AHDF (Auserkorener Hässlicher Dicker Freund) heraus, aber man wollte es so – vermutlich aus synchrontechnischen Aspekten.
Der Film an sich beinhaltet im Großen und Ganzen die altbekannte Geschichte vom hässlichen kleinen Entlein, das zu schüchtern ist, um ihren Schwarm anzusprechen, der wiederum der völlig Falsche für sie ist, um schließlich in ihrem Sandkastenfreund die große Liebe zu entdecken. Das Ganze ist dann noch gespickt mit Liebesdreieck 2.0, worin die Ex ihres Sandkastenfreunds aus voller Eifersucht eine Cyber-Mobbing-Attacke loslässt.

Dass die Geschichte genau den Zeitgeist der heutigen Jugend anspricht, liegt nicht zuletzt an der literarischen Vorlage einer 17-jährigen. »Ich erinnere mich gut an mein letztes Schuljahr«, sagt die Romanautorin Kody Keplinger»Ich ging eines Morgens in die Cafeteria. An meinem Tisch saß eine andere Schülerin, und sie erzählte, wie sehr sie es hasste, wenn andere Leute über ihre Freundin als „DUFF“ sprachen. Ich wusste nicht, was das sein sollte, also fragte ich sie und erfuhr: „Designated Ugly Fat Friend“. Mein erster Gedanke war: Das ist saukomisch! Mein zweiter Gedanke war: Nein, das ist ziemlich gemein! Und erst dann wurde mir bewusst: Damit bin ich gemeint!«
»Später erzählte ich meinen Freunden davon und war überrascht, dass sie alle der Meinung waren, eine „DUFF“ zu sein«, fährt sie fort. »Aus Spaß sagte ich, dass ich ein Buch mit diesem Titel schreiben wolle. Im Gegensatz zu anderen Büchern und Filmen sollte die Hauptfigur meines Romans aber nicht zum Supermodel werden, wenn sie ihre Brille abnimmt und den Pferdeschwanz öffnet. Nein, sie sollte von Anfang bis Ende der Geschichte eine „DUFF“ bleiben.«
Produzent McG gibt offen zu, dass er in seiner Schulzeit ein „DUFF“ war: »Mein bester Freund sah sensationell gut aus, aber ich kapierte lange Zeit nicht, dass einige an der High-School nur deshalb nett zu mir waren, weil sie unbedingt meinen Freund kennenlernen wollten. Jeder kann der „DUFF“ einer anderen Person sein. Es hat gar nichts damit zu tun, wie man aussieht. Es geht nur um die Rolle, in die man durch andere Leute gedrängt wird.«

Regisseur Ari Sandel, der hiermit sein Spielfilmdebüt gibt, ist eine locker-flockige, unterhaltsame Komödie gelungen, die weder zu dramatisch noch zu klamaukisch herüberkommt. Mit McG hatte er auch einen erfahrenen Produzenten an seiner Seite, der die „IN-Crowd“ der Jugendstars mit einem ordentlichen Soundtrack und zahlreichen Querverweisen der Filmindustrie in einen Topf geworfen und einmal ordentlich umgerührt hat.
Hauptdarstellerin Mae Whitman, die mittlerweile auch schon 10 Jahre älter ist als ihre Filmfigur, ist kein unbeschriebenes Blatt in der Filmgeschichte, auch wenn sie dort unter „DUFF“ abgelegt sein könnte. Ihre ersten größeren Filmrollen hatte sie 1996 in Roland EmmerichIndependence Day, worin sie die Präsidententochter spielte, sowie als Tochter von George Clooney und Michelle Pfeiffer in Tage wie dieser… Sie spielte aber auch im TV in Serien wie Chicago HopeJ.A.G.Alles wegen Grace oder zuletzt in Arrested Development und Parenthood mit.
Neben Filmen wie Scott Pilgrim gegen den Rest der WeltVielleicht lieber morgen oder The Factory hat sie auch im Synchronstudio eine Menge zu tun. Neben Tinker Bell spricht sie auch Figuren in Zeichentrickserien wie Teenage Mutant Ninja Turtles oder Family Guy und synchronisierte neben Joseph Gordon-Levitt Jirōs Schwester in Hayao Miyazakis Wie der Wind sich hebt.
»Noch bevor das Buch veröffentlicht wurde, postete ich in einem Blog, welche Schauspieler ich gern in einer möglichen Verfilmung sehen würde«, sagt Kody Keplinger»Ich hatte Mae Whitman in der Fernsehserie Parenthood gesehen und dachte sofort: Mein Gott, das ist Bianca! Sie ist genauso, wie ich mir Bianca vorgestellt habe. Als ich Jahre später erfuhr, dass Mae diese Rolle bekommen sollte, habe ich mich sehr gefreut.«

Für die Rolle des Wesley Rush wünschten sich die Produzenten den Inbegriff des Mädchenschwarms, der auf den ersten Blick für etwas oberflächlich gehalten werden könnte. Der Kanadier Robbie Amell, Cousin von Arrow Stephen Amell, den man eventuell aus dem kurzlebigen Remake der britischen SciFi-Serie The Tomorrow People kennt, und der derzeit als Helferlein von The Flash zu sehen ist, brachte alles mit, um die Rolle des überraschend vielschichtigen jungen Mannes spielen zu können.
»Eine Figur wie Wesley kann man auf verschiedene Arten falsch anlegen, zum Beispiel als klischeebeladenen Durchschnittstypen«, sagt Mae Whitman»aber Robbie hat alles richtig gemacht und auch mir sehr geholfen. Wenn ich einer Szene eine ganz besondere Note geben wollte, aber mir die richtige Idee fehlte, schlug Robbie die passenden Worte oder einen markanten Gag vor. Er ist cool und charmant, außerdem sehr nett und lustig.«
»Viele Filme in diesem Genre sind vulgär und völlig übertrieben«, sagt Robbie Amell, »aber dieses Drehbuch war etwas ganz Besonderes. Es greift die Unsicherheit auf, die fast jeder junge Mensch hat, und zeigt Wege auf, wie man damit umgeht und wie man seine Ängste überwindet.«

Für Biancas Erzfeindin Madison Morgan, die es im Roman gar nicht gibt, engagierte man die knapp zehn Jahre jüngere Bella Thorne, die zur Zeit in der Serienadaption von Scream zu sehen ist, kann neben zahlreichen Serienrollen auch auf Kinofilme wie Urlaubsreif oder Die Coopers – Schlimmer geht immer zurückgreifen. Demnächst wird sie in den Horrorstreifen Home Invasion und dem zeitgemäßen Klassikerupdate Amityville | The Reawakening zu sehen sein. Zusammen mit ihrer Kollegin hat sie auch vor kurzem den Kurzfilm Live Action Frozen für Will Ferrells Spaßwebsite Funny or Die aufgenommen.
Robbie Amell war beeindruckt, dass eine so nette Person wie Bella Thorne solch ein teuflisches Wesen wie Madison spielen kann: »Im wahren Leben ist Bella das liebste Mädchen, aber vor der Kamera spielt sie das genaue Gegenteil. Sie legt einen Schalter um und wird zu einer schrecklichen Person, von der man sofort denkt: Ich hasse Dich!«
»Madison ist eine sehr amüsante Rolle«, sagt ihre Schauspielkollegin Skyler Samuels»Im Grunde ist sie gar nicht böse, sie hat sich halt nur für die Zukunft vorgenommen, ein Star zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, will sie die High-School als Sprungbrett nutzen. Bella Thorne bringt den nötigen ironischen Humor mit, um solch eine Figur glaubhaft zu spielen. Ihre Szenen mit Mae und Robbie haben, ohne jede Übertreibung, das Zeug zum Klassiker.«
The DUFF ist in etwa die umgänglichere und vor allem witzigere Variante des schweren und ein wenig zugespitzten Ensembledramas #zeitgeist, in dem es um soziale Medien und deren Umgang in der Schule geht. Mae Whitman ist jedoch zuversichtlich, dass der Film eine wichtige Botschaft vermittelt: »Wenn man das Kino verlässt und die Gewissheit mitnimmt, dass man sich nicht ständig Gedanken darüber machen muss, was der Rest der Welt von einem hält, dann hat unser Film sein Ziel erreicht.«

26.06.2024 | mz
Kategorien: Kino