Donnerstag, 25. April 2024
Ein Mordsteam

De l'autre Côté du Périph

François und Ousmane ermitteln als unfreiwillige Partner.
© wild bunch (Senator Film)
Ein unfreiwilliges Team, rasante Verfolgungsjagden, derbe Sprüche – ein junger Typ aus der Vorstadt trifft der auf einen superkorrekten Kerl aus der City. Wem das bekannt vorkommt, liegt genau richtig! Ein Mordsteam ist die französische Antwort auf Beverly Hills CopOmar Sy, Publikumsliebling aus Ziemlich beste Freunde, spielt hier das farbige Plappermauläquivalent zu Axel Foley und Frankreichs Komiker Laurent Lafitte den bierernsten Paragrafenreiter François, der sich mit Ousmane aus der Vorstadt in diesem Kumpelfilm zusammentun muss.
Allerdings sind die Lokalitäten hier vertauscht: Diesmal muss der Top-Cop aus der Vorstadt in der High Society der Innenstadt ermitteln. Ousmane ist mit seiner Jeans, der Kapuzenjacke und einer großen Klappe alles andere als ein Vorzeigepolizist, aber sein Revier ist ja auch die berüchtigte Pariser Vorstadt Bobigny. Dort beschattet er seit sechs Monaten einen kriminellen Ring der Pariser Unterwelt und ist den großen Fischen auf der Spur.
Als die Leiche der Frau von Frankreichs wichtigstem Industriellen in seinem Viertel entdeckt wird, erscheint plötzlich der versnobte François von der Pariser Mordkommission auf der Bildfläche. Ousmanes Recherchen und dieser Fall scheinen in Verbindung zu stehen. Dies zwingt die beiden Männer nun zur ungewollten Zusammenarbeit. Doch ihre Ermittlungen führen dazu, dass Ousmane seinen Job verliert und François bereit ist, seinen neuen Kumpel der lieben Karriere wegen zu opfern. Aber dann steht plötzlich Ousmanes Sohn Yves vor der Tür und erinnert François an seine Worte: „Einen Partner lässt man niemals fallen.“

Der Vergleich zu Beverly Hills Cop wird auch im Film selbst zum Thema, denn Ousmane ist selbst Axel-Foley-Fan. In seiner Wohnung hängt auch ein Filmplakat, das dies bekräftigt. Während sich die beiden Hauptprotagonisten im Auto darüber unterhalten, welcher denn der beste Cop der Filmgeschichte sei, gibt es für François allerdings nur Belmondo als Der Profi!
Ein Mordsteam, der im Original übersetzt „Auf der anderen Seite des Rings“ (womit der Pariser Autobahnring gemeint ist, der Paris von seinen Vorstädten trennt) lautet, wirkt nicht ganz so flüssig wie der US-Hit aus den 80ern. Die Geschichte scheint ein wenig überladen und ist auch nicht allzu witzig. Es wird sehr auf die Figuren und ihre beruflichen als auch privaten Hintergründe eingegangen, um die aufgezeigten Klischees zu überwinden.
»Wir leben in einer Zeit, in der zu schnell geurteilt wird«, erzählt Omar Sy. »Man sagt sich, der Typ aus der Vorstadt ist der Freiere von den Beiden. Dann findet man heraus, dass Ousmane einen Sohn hat und fast konservativer ist als Laurent. Alles was man „à priori“ zu wissen glaubte, erweist sich als falsch. Der Film ist nicht dazu da, Lektionen zu erteilen oder eine Botschaft zu beinhalten. Zwischen zwei Lachern erinnert er uns daran, dass man größer wird, wenn man auf den Anderen zugeht. Indem sich Ousmane und Laurent treffen, kommen sie voran. So lernen sie, ihre eigenen Probleme zu lösen, weil jeder von Ihnen darauf hinweist, was beim Anderen nicht stimmt. Da funkt es. Das ist komisch und gut beobachtet.«
Ganz nebenbei und doch mittendrin gibt es natürlich auch Action. »Die Verfolgungsszene auf der Pariser Stadtautobahn benötigte viel Logistik«, bemerkt Regisseur David Charhon. »Es ist niemals leicht, Drehgenehmigungen zu bekommen und die Pariser Präfektur ist sehr streng, wenn es um die Uhrzeiten geht. Wir blockierten also nachts einen Abschnitt des nördlichen Stadtrings, der mehrere Ausfahrten in der Höhe von Bagnolet umfasste. Wir hatten 70 Fahrzeuge und 80 Stuntmen, die an dieser Verfolgungsjagd beteiligt waren. Die Logistik war sehr komplex. Wir drehten mit sechs Kameras und um das Ganze noch zu toppen, war es wirklich Omar, der selber fuhr.
Ich wollte nicht so drehen, wie man es sonst immer macht, dass man das Auto an ein festes „Drehauto“ anhängt. Man sieht dann immer, dass der Typ nicht selber fährt. In dieser Einstellung ist nicht ein einziges Auto fest an eine Drehvorrichtung montiert. Es sind immer die einzelnen Charaktere, die fahren, sonst wäre es unglaubwürdig. Omar fährt, er dreht sich und ich filme. Und für die Szene des Aufpralls hatten wir eine Kabelwinde konstruiert. So konnte sich das Auto schnell um sich selbst drehen. Aber es ist wirklich Omar, der hinter dem Steuer sitzt und in alle Richtungen geschleudert wird. Er hat es einfach gestemmt.«
Da es ein französischer Film ist, gibt es auch nackte Haut zu sehen. Recht prikär waren da die Szenen im Swingerclub. »Ich hatte bereits im Vorfeld darüber lange mit Omar diskutiert, der da sehr schamhaft ist«, erinnert sich der Regisseur. »Ich wusste, es würde ihm nicht leichtfallen in so einem Ambiente zu drehen, vor allem durch die vielen grinsenden Statisten, die wir dabei hatten. Am Drehtag, als das Trio in die Umkleidekabinen geht, war es ursprünglich eine Frau, die nackt aus einer der Kabinen kommen sollte. Omar zögerte und ich sagte mir, das beste Mittel um ihn zu überzeugen, wäre es, mit gutem Beispiel voran zu gehen. Ich zog mich aus, hielt diesen großen Korb und wir drehten die Szene nackt.«
»Ehrlich gesagt, fiel mir das wirklich schwer, weil es ein Ort ist, an dem ich mich sehr unwohl fühle«, annotiert Omar Sy. »Das betrifft die Nacktheit ebenso wie die Dinge, die dort abgehen. Was ich empfand, hatte den Vorteil, meiner Figur zu dienen, die sich in dem gleichen Zwiespalt befindet wie ich an einem solchen Ort. Ich erinnere mich an diesen wunderbar komischen Satz den Laurent raushaut, als er mir vorwirft, dass ich mich nicht traue. Er bezeichnet mich als „schwarzen Mormonen“ und es war gut, dass ich dabei nicht mehr im Bild war. Ich bin vor Lachen fast gestorben. Die Szene stand so überhaupt nicht im Drehbuch. Wir haben viel gelacht.«

Auch wenn das von Laurent Lafitte mit ausgefeilte Drehbuch ein wenig zu intensiv in die Figuren und den Fall einsteigt, so kommt die Action trotzdem nicht zu kurz. Was allerdings fehlt sind ordentliche Schenkelklopfer. Der Film ist lustig, aber eher auf eine schmunzelnd-subtile Art und Weise, wenn z.B. Ousmane als Obdachloser verkleidet in der Gasse wartet und dann vom Kältebus aufgesammelt wird. Ja, man könnte den Film auch als Sozialkomödie mit Krimiaction betrachten. Im Ganzen betrachtet ist der Film recht unterhaltsam, und mit Omar Sys Fanbasis aus Ziemlich beste Freunde könnte der Film auch erfolgreich in den Kinos laufen…

09.12.2022 | mz
Kategorien: Filme