Donnerstag, 28. März 2024
John Wick | Kapitel 2
John Wick | Chapter 2
John Wick - neuer Hund, altes Problem
© LEONINE
Nachdem er gnadenlose Rache an den Kriminellen genommen hat, die seinen Hund getötet haben, geht die Handlung nahtlos in diesem Film weiter. Zunächst holt er sich seinen geliebten 1969er Mustang von den russischen Gangstern zurück und wird hinterher sofort in eine spektakuläre Verfolgungsjagd durch die überfüllten Straßen New Yorks verwickelt.
  • John Wick 2 05

    »How good to see you again so soon, Mr. Wick. Shall I announce you?«

    Charon

Bei seiner Rückkehr nach Hause werden Johns Pläne, endlich ein friedliches Zivilleben aufzunehmen, jäh durchkreuzt, als der italienische Gangster Santino d’Antonio an seine Tür klopft – mit einem goldenen Schuldschein in der Hand, der John verpflichtet, sich für frühere Gefallen zu revanchieren. »John Wick hat den Schuldschein einst ausgestellt, um diesem Leben entkommen zu können«, führt Drehbuchautor Derek Kolstad aus. »Und jetzt, wo er wieder aufgetaucht ist, will sein alter Kollege ihn einlösen. Aber John Wick ist inzwischen ein anderer Mensch.«
»Wir liebten die Idee dieses Schuldscheins, weil er es uns ermöglichte, einen neuen Schurken einzuführen und gleichzeitig das Continental weiter zu ergründen«, ergänzt Produzentin Erica Lee. »Ein wichtiger Grund, wieso John Wick bei den Zuschauern so gut ankam, war, dass wir diesen düsteren Mikrokosmos der Killer und die Typen, die darin leben und arbeiten, gezeigt haben. Die Schuldscheine bauen auf dieser Mythologie auf, und da es sich dabei um etwas Greifbares handelt, konnte man sie filmisch sehr gut umsetzen.«
»Die Tatsache, dass John Wick verpflichtet ist, diese alte Schuld zu ehren, verschiebt außerdem den Fokus des Vorgängers, nämlich die Rache um jeden Preis, zu der Vorstellung, dass Handlungen selbst in der Unterwelt Auswirkungen haben«, erläutert Produzent David Leitch. »Im ersten Film lebt John Wick in einer Welt, in der es scheinbar keine Konsequenzen für das Töten von Menschen gibt. In der Fortsetzung wird er von dieser blutigen Vergangenheit eingeholt. Konfrontiert mit dem Schuldschein und seinen eigenen impulsiven Entscheidungen, bezahlt dieser Mörder teuer für seine Taten.«
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Auf Anordnung von Winston, dem Kopf der geheimen Vereinigung der Auftragsmörder des „Continental“s, den uralten Kodex der Organisation zu respektieren, akzeptiert John den Auftrag, Santinos eigene Schwester Gianna, die ruchlose Anführerin des italienischen Camorra-Syndikats, auszuschalten, nur widerwillig. »Die Regeln sehen vor, dass du, wenn der Inhaber eines solchen Scheins zu dir kommt, um ihn einzulösen, und du nicht tust, was er will, sterben musst. Wenn du den Inhaber des Scheins tötest, stirbst du ebenfalls. John hat also ein Problem«, erläutert Keanu Reeves.
Die Beziehung zwischen John und Santino selbst behält immer einen Hauch von Mysterium, wie Produzent Basil Iwanyk es beschreibt: »Santino hat ihm versprochen „Solange du im Ruhestand bleibst, werde ich diesen Schuldschein niemals einlösen.“ Nun blieb John natürlich nicht im Ruhestand. Und jetzt, sechs Wochen nach dem Ende des ersten Films, löst Santino den Schein ein, weil seine eigene Schwester ihm den Rang als Kopf der Camorra in Italien abgelaufen hat.«
So macht sich John auf den Weg nach Rom, um seiner Verpflichtung nachzukommen. »Rom gibt es schon seit Tausenden von Jahren«, so Basil Iwanyk, »daher befeuert es den Gedanken, dass diese Gesellschaft von Attentätern Jahrhunderte zurückreicht – so lange wie es Gerechtigkeit und Rechtslehre und böse Jungs gibt.«
»Im zweiten Film wollten wir die Unterwelt erweitern, also haben wir ein neues Element eingebracht«, erklärt Keanu Reeves. »Im ersten Film hatten wir die Killergilde namens „Continental“. Dieses Mal haben wir eine Vereinigung namens „High Table“ eingebaut, in der jede der verschiedenen Verbrecherorganisationen auf der ganzen Welt sitzt.«
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Da Santino Mitglied des „Hohen Tisches“ ist, besitzt dieser einen höheren Status und kann tun und lassen, was er will. Da er nach dem Tod seiner Schwester jedoch nicht nur Johns erfüllte Verpflichtung mit der Rückgabe der Merkerschatulle honoriert, sondern auch noch dessen Haus zerstört und seine hammerharte Sicherheitschefin Ares hinterher schickt, um John zu beseitigen, unterschrieb er jedoch sein Todesurteil – Hoher Tisch oder nicht. Wer sich den besten Profimörder zum Feind macht, hat nicht lange zu lachen.
Aber nicht nur die androgyne und stumme Ares hängt sich an Johns Fersen, auch der von Rapper Common gespielte Sicherheitschef Giannas, der offensichtlich in seinem Beruf versagt hat, folgt ihm nach New York. Da wir aber John Wick mittlerweile kennengelernt haben, wissen wir, dass er sich wirkungsvoll zur Wehr setzen kann, bis auch der letzte Schurke, der es auf ihn abgesehen hat, begreift, dass man John Wick nicht als Feind haben sollte.
»Common und ich geben unseren Figuren eine gewisse Geschichte auf professioneller Ebene. Trotzdem habe ich seine Schutzbefohlene getötet, also will er mich töten – und er ist ziemlich rachsüchtig«, so Keanu Reeves. »Aber selbst wenn sie auf Leben und Tod kämpfen, haben sie diesen sehr rauen Respekt füreinander. Als sie sich einmal auf dem neutralen Boden des Continental begegnen, können sie sich zusammen hinsetzen, was trinken und über das Leben sprechen.«
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John Wick begeisterte die Kinozuschauer mit Actionsequenzen, die Green-Screen-Computertricks vermieden und stattdessen mit reinen Kameraeffekten und aufwendiger Stuntchoreografie arbeiteten. Regisseur Chad Stahelski, dem ausführenden Produzenten David Leitch und ihrem Team von 87Eleven Action Design war klar: Für die Fortsetzung müssten sie die Messlatte noch höher legen. »Wir alle wussten, dass wir in John Wick 84 Leute getötet hatten und dass wir in Kapitel 2 noch mehr umbringen müssten«, sagt Basil Iwanyk und merkt nebenbei an, dass der Leichenzähler der Fortsetzung zum Ende der Dreharbeiten bei 141 lag. »Wir haben den Kampfstil, den wir in John Wick etabliert hatten, ordentlich erweitert.«
»John Wicks Kampfstil besteht grundsätzlich daraus, auf jede ihm mögliche Weise zu verteidigen und anzugreifen«, sagt Keanu Reeves. »Er integriert Judo und Jiu Jitsu und geht sogar so weit, ein Auto als Waffe zu benutzen. Er besitzt einen außerordentlich starken Willen.« Im ersten Film wurde bereits erwähnt, dass er jemanden mit einem Bleistift umbringen kann. Hier kann man das nun live bewundern, aber man muss schon aufpassen, dass man das nicht verpasst! Die Kampfszenen sind bis ins kleinste Detail choreografiert, was eine enorme Herausforderung an alle Beteiligten stellte, denn es wird schließlich nicht in Zeitlupe gekämpft.
Es ist vielmehr Einfallsreichtum als brutale Gewalt, der Johns Kampfstil von anderen unterscheidet, weswegen Second-Unit-Regisseur und Stuntkoordinator Darrin Prescott die Figur als »Allround-Tötungsmaschine« bezeichnet. »Was auch immer er in die Finger bekommt, er wird dich damit umbringen. Ich denke, das ist es, was das Publikum sehen will.«
Zudem gibt es mit dem Bowery-König nicht nur eine weitere drahtführende Figur im John-Wick-Universum, sondern auch ein Wiedersehen der seit The Matrix befreundeten Schauspielkollegen Keanu Reeves und Laurence Fishburne. »Einfach alles an dem Bowery-König ist cool, weil er nicht ist, was er vorgibt zu sein«, beschreibt Laurence Fishburne seine Rolle. »Keine dieser Personen steht ihm nahe, aber seine Beziehung mit Wick existiert bereits sehr lange. Sie haben eine Geschichte, die zwar nicht unbedingt gut ist, aber dadurch Spannung schafft, wenn sie das erste Mal aufeinandertreffen. Das ist eine großartige Ausgangssituation.«
»Ich habe die Idee geliebt, dass direkt vor unseren Augen eine versteckte Welt existiert, in einer städtischen Umgebung wie New York, wo jeder ein Killer sein könnte«, schwärmt Regisseur Chad Stahelski. »Es könnte ein Müllmann sein oder ein Straßenkünstler oder ein Obdachloser.«
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Und so begleiten wir John Wick auf seiner erweiterten Tour de Force, die am Ende dann auch noch eine Steigerung findet, um in einem weiteren Kapitel fortgeführt zu werden. Ob Kung Fu, Gun Fu, Car Fu – Keanu Reeves kämpft sich bravourös durch die Szenerien. Man leidet praktisch mit ihm mit, fragt sich aber auch, wie dieser Kerl denn überhaupt noch stehen kann! Wenn John Wick am Ende durch die Straßen New Yorks humpelt, fragt man sich, wie er sein neues Problem überhaupt angehen kann! Der Mann ist fertig! Er wird praktisch nur noch von seinem penetriersicheren Anzug zusammengehalten. Als Zuschauender leidet man aber auch während der zahlreichen Kampfsequenzen. Es gibt immer wieder mal ein besonders böses Aua zu sehen, doch die meiste Zeit über wirkt alles wie in einem Computerspiel. Und wie das so ist, wenn man jemandem beim Spielen zusieht – man langweilt sich. Wer sich jedoch für Kampftechniken und Waffen interessiert und sich an ordentlichem Gemetzel „erfreut“, der kommt hier voll auf seine Kosten.

08.12.2022 | mz
Kategorien: Feature | Filme