Samstag, 27. Dezember 2025
Sorry, Baby
Sorry, Baby
Agnes (Eva Victor) findet ein Kätzchen.
📷 Mia Cioffy Henry - © A24 | DCM
Agnes, eine junge Literaturprofessorin in einer malerischen, wolkenverhangenen Kleinstadt in Neuengland, wird nach einem traumatischen Erlebnis aus der Bahn geworfen. In fünf Kapiteln und über mehrere Jahre hinweg begleitet der Film ihren Weg zurück zu sich selbst. Der Film beginnt mit der Gegenwart, springt dann zurück in die Vergangenheit und dann Kapitel für Kapitel zurück in die Gegenwart.
Eva Victor (Pronomen they/she), die hier ihr eigenes Drehbuch verfilmte, studierte selbst in der Kleinstadt Fairport, weshalb sie auch die richtigen Ideen für die Inszenierung hatte. Während der Pandemiezeit absolvierte sie eine autodidaktische und umfangreiche Filmausbildung und verschlang etliche Klassiker und Arthaus-Perlen.
Die Geschichte über eine junge Akademikerin, die nach einem sexuellen Übergriff mit Galgenhumor und Unterstützung einer Freundin den Weg zu sich selbst zurückfindet, schlummerte lange in ihr und kam nun an die Oberfläche.
»Ich schrieb den Film, den ich damals gebraucht hätte, als ich selbst eine ähnliche Krise wie Agnes durchlebte«, sagt Eva Victor. »Es ging mir weniger darum, Gewalt oder den Übergriff selbst zu erzählen, als vielmehr darum, wie ein Mensch heilt. Besonders interessierte mich das Gefühl des Feststeckens – wenn man sieht, wie alle anderen weiterziehen, während man selbst noch in dem festsitzt, was einem passiert ist. Ich schrieb das ursprünglich für mein früheres Ich.«
Gedreht wurde in Massachusetts mit einem größtenteils weiblichen Stab unter Kamerafrau Mia Cioffi Henry. Der Stil ist natürlich, winterlich, und psychologisch dicht. Fenster und Türen ziehen sich als Portale zur inneren Welt von Agnes als Motiv durch den Film.
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Eva Victor schafft es mit Bravour, Regie und ihr Schauspiel (beides im Vorfeld durch Anleitungen, Lektüren, Setbesuche und ein monatelanges Trainieren mit Rebecca Dealy angeeignet) unter einen Hut zu bringen. Doch das Drehbuch birgt wenig Spannung und kaum Unterhaltung — vor allem, weil man weder den sexuellen Übergriff sieht (Bitte nicht im voyeuristischen Sinne falsch verstehen!), noch ihre inneren Konflikte merklich nach außen getragen werden.
Sie vermag zwar, mit diversen Blicken oder idiotischen Racheabsichten, aber auch mit der Beschreibung des Vorfalls dagegen anzugehen, doch bleibt der Film nichts weiter als die Geschichte einer jungen Frau, die einsam in einem Haus lebt und sich mit ihrer besten Freundin unterhält, wenn diese mal zu Besuch kommt. Alles, was im Innersten von Agnes passiert, so stark oder schwach es auch sein vermag, kann man nur am Schauspiel erahnen.
Einzig die Begegnungen mit dem Nachbarn oder dem Imbissbesitzer oder auch das Adoptieren des streunenden Kätzchens bieten ein wenig Abwechslung — alles Dinge, die ihr bei der inneren Heilung helfen mögen, aber für einen Kinofilm zu wenig Potenzial bieten, eine große Mehrheit (neben Frauen, die ähnliches erlebt haben) für sich zu gewinnen.

23.12.2025 | mz | Quelle: DCM
Kategorien: Kino
Genres Drama