Nordfrankreich in den 80er Jahren: Der rebellische Clotaire, aufgewachsen in einem Problembezirk, verliebt sich in die unerschrockene Jacqueline, die aus gutbürgerlichem Hause stammt. Er nennt sie Jackie, sie nennt ihn Cloclo. Sie schwänzen die Schule und schlawinern herum.
Doch die große Liebe, die zwischen den beiden Jugendlichen entflammt, wird durch die Bandengewalt in der Stadt auf eine harte Probe gestellt. Clotaire schließt sich einer kriminellen Bande an und wird wegen eines Verbrechens, das er nicht begangen hat, zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.
Jackie und Clotaire verlieren sich aus den Augen, bis das Schicksal sie zehn Jahre später wieder zueinander führt. Sie hat ihren Chef geheiratet, während Clotaire eingesperrt war. Doch ist ihre Liebe stärker als Clotaires Wunsch, Rache zu nehmen?
»Das Öl sieht so schön aus.«
Clotaire Klopp
Regisseur Gilles Lellouche inszenierte die Adaption des Romans von Neville Thompson als große Kino-Oper. Der Vorspann zeigt mit dramatischer Orchestralmusik und riesengroßen Lettern die schicksalstreibende Fabrik, die Clotaires Vater in den Alkohol getrieben hat und die eine große Rolle bei Clotaires Inhaftierung spielt.
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Gleich zu Beginn erleben wir praktisch das Ende der Geschichte, in dem Clotaire erschossen wird. Was folgt, ist die Vorgeschichte – Clotaires Jugend vom spielenden Superheld, der vom Vater drangsaliert wird, weil dieser seine Ruhe haben will, über seine Jugendzeit, in der er sich in die hübsche Jackie unsterblich verliebt, seinen Abrutsch in die Bandenkriminalität, die Inhaftierung und die Zeit danach, die zu jener Nacht führt, die wir zu Beginn gesehen haben.
Und während man sich den Werdegang der beiden sozial gegensätzlichen Turteltäubchen ansieht, fragt man sich ständig, warum man jetzt diese Geschichte noch erzählen muss, wo man doch weiß, wie sie endet! Aber wenn man dann zum Ende kommt, driftet die Geschichte vom ursprünglichen Ende ab und fügt somit ein Science-Fiction-Element hinzu, das zwar die Gemüter beruhigt, man sich dann jedoch wieder fragt, warum diese Endszene am Anfang? – Vermutlich damit man Clotaires Intuition nachvollziehen kann, im entscheidenden Moment die richtige Entscheidung zu treffen.
Wir sehen also in der ersten Hälfte die Jugendzeit mit den hinreißenden Jungdarstellern Mallory Wanecque und Malik Frikah, die uns so richtig in die 80er Jahre zurückversetzen. Unterstützt wird das Ganze mit relativ unverbrauchten Musikstücken aus jener Zeit von The Cure, Prince oder Billy Idol – in der zweiten Hälfte dann 10 Jahre später mit Daft Punk, NAS, Ginuwine oder Everything but the Girl.
Während sich Jackie in eine blondierte Adèle Exarchopoulos verwandelt hat, wird Clotaire erwachsen von François Civil verkörpert. Sie verkörpern die gefühlsbehinderten Hülsen mit entsprechendem Tiefgang, doch irgendwie springt da nicht mehr der Funke über, den die Jungdarsteller herüber gebracht hatten.
Genial ist jedoch, wie immer wieder Szenen aus ungewöhnlichen Kameraeinstellungen geübte Cinéasten beeindrucken – sei es der Blick durch eine Ölpfütze, durch eine zugeregnete Autoscheibe, die von den Scheibenwischern die Sicht auf die Filmfiguren verbessert, oder das Ereignis der Sonnenfinsternis, die zweimal zuschlägt. Bei der zweiten Sonnenfinsternis erinnern sich Jackie und Clotaire an ihre gemeinsame Jugendzeit, während sich stilistisch beim Beobachten die junge Jackie zum älteren Clotaire und der junge Clotaire zur älteren Jackie gesellen. Das ist dann der Zeitpunkt, an dem die Taschentücher gezückt werden können.
Es ist ein Liebesfilm mit recht expliziten Gewaltszenen – wie im Original der Titel „Krasse Liebe“ aufzeigt. Ein Buchstabendreher macht aus L’Amour fou (Leidenschafltiche Liebe)L’Amour ouf – im Deutschen, wie auch im Englischen, mit „Beating Hearts“ nicht ganz so treffend übersetzt. „Schlagende Herzen“ klingt eher nach einer Romanze, wie es sie zu Tausenden gibt, doch Beating Hearts ist weitaus mehr, weitaus krasser – eine Liebe mit Oooomph!
Beating Hearts ist eine Liebesgeschichte, die im Gedächtnis bleibt – herausragend erzählt, wenn auch ein wenig lang, doch die Bezeichnung Kino-Oper kommt dem schon recht nahe – großes Kino aus Frankreich, in Cannes gefeiert und nun auch hier im Kino.