Freitag, 29. März 2024
Wenn Sie eine andere Version von sich selbst treffen könnten, was würden Sie dazu sagen? Was wäre, wenn Sie eine zweite Chance auf ein Leben wie dieses, nur anders, bekämen. Was würde Sie reizen, was würde Sie schrecken? Und wenn überhaupt, was würde Sie davon abhalten?
Mike Cahill inszenierte in seinem Spielfilmdebüt ein relativ gewöhnliches Drama vor einem ungewöhnlichen Hintergrund. Wie bei Lars von Triers Melancholia, der vorigen Monat in die Kinos kam, gibt es zwei parallel verlaufende Geschehnisse – ein sich nähernder Planet und ein emotionales Drama.
Höchst unerwartet erscheint über Nacht ein ganz ähnlicher Planet wie der unsere am Himmel, der provisorisch „Erde 2“ getauft wird. Wie ein riesiger, alles reflektierender Spiegel hängt er über uns. Für Rhoda ist dieser fremde, gespenstische Planet samt seiner parallelen Realität, die die Wissenschaftler vermuten, ihre letzte Hoffnung, eine schreckliche Tragödie wieder gut zu machen.
Ein schrecklicher Unfall hat ihren Traum, Astrophysikerin zu werden, zerstört. Sie hat jeden Sinn für ihre Zukunft verloren. Nur die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hält sie noch am Leben. Und so steht Rhoda eines Tages vor der Tür des renommierten Komponisten John Burroughs, jenes Mannes, dessen Leben sie unwiderruflich verändert hat.
Beide sind sie vollkommen entwurzelt, misstrauisch und voller Zweifel, wer sie eigentlich sind. Und sie verlieben sich in einander, gehen eine höchst ungewöhnliche, riskante Beziehung ein. Als Rhoda die unerwartete Chance bekommt, zur Erde 2 zu reisen, kommt die verborgene Wahrheit zwischen ihnen ans Tageslicht…

So beeindruckend die visuellen Effekte der „anderen Erde“ sind, umso zäh entwickelt sich die Geschichte der beiden gescheiterten Existenzen. Es findet ein Eierlaufen um die Geduld der Zuschauer statt. Da das Was-wäre-wenn-Thema um Wiedergutmachung schon recht ausgegoren ist, konzentriert man sich dann doch eher auf die parallel verlaufende Science-Fiction-Tangente.
Erst als der Film gegen Ende an Tempo zulegt und das Interesse der Zuschauer wieder aufflammt, als plötzlich die Rhoda der anderen Welt vor ihrer Tür steht, ist der Film aus! Ausgerechnet dann, wenn es spannend wird! Die ursprünglichen Fragen, die der Film aufstellt, bleiben unbeantwortet, und man hofft (ich schätze mal vergebens), dass es eine Fortsetzung des Films gibt.
»Wir versuchten, einen Big-Budget-Stoff mit einer klassischen Independentfilmidee zu „synchronisieren“. Wir wollten einen Science-Fiction-Film drehen, dessen Kern ein Drama ist, eine kleine, persönliche Geschichte über Wiedergutmachung. Uns war wohl bewusst, wie schwierig es sein würde, bei diesen gegensätzlichen Vorgaben die Balance zu halten«, führt Mike Cahill aus.
Der Film saugt sich zu sehr an den schier unlösbaren inneren Konflikten der beiden fest, als sich mehr um das Science-Fiction-Element und eine Auflösung der Geschichte zu kümmern. Interessant ist allerdings die Ironie der Geschichte – war es doch die Erde 2, die Rhoda damals am Himmel beobachtet hatte, als sie den Autounfall baute!
Mike Cahill, der zusammen mit Hauptdarstellerin Brit Marling den Film produzierte und das Drehbuch schrieb, schafft nur teilweise den Spagat zwischen Science Fiction und Drama, zeigt aber auch, dass man mit einem geringem Budget eine glaubwürdige utopische Atmosphäre schaffen kann.

21.11.2023 | mz
Kategorien: Feature | Filme