Donnerstag, 28. März 2024
John Wick | Kapitel 3
John Wick | Chapter 3 | Parabellum
John Wick in Bedrängnis
© LEONINE
Nachdem er Santino d’Antonio im Hotel Continental getötet hatte, wurde der ehemalige Auftragsmörder John Wick von der Gilde „excommunicado“ erklärt und ein Kopfgeld von 14 Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt. Nahtlos setzt sich die Geschichte aus Kapitel 2 fort. Nach seinem Treffen mit Winston bleibt John nur eine Stunde Zeit, zumindest einen kleinen Vorsprung zu ergattern, denn bei 14 Millionen Dollar kommen sie alle aus ihren Löchern gekrochen.
Immerhin ist John Wick verletzt und damit geschwächt. Und der Hohe Tisch, die geheime weltweite Vereinigung von Verbrecherorganisationen, die den Kodex der Auftragsmörder durchsetzt, entzieht ihm ihre Schutzdienste. Immerhin schafft er es noch kurz vor Ultimo, sich mit seiner letzten Goldmünze medizinische Hilfe zu besorgen.
Regisseur Chad Stahelski fasst zusammen, wie die Dinge zu Beginn des neuen Films stehen: »In diesem Film zieht John Wick gegen die Welt in den Krieg. Das gibt uns die Gelegenheit, neue Orte zu besuchen, seine persönliche Reise intensiver zu betrachten und auch die Reise anderer Figuren weiterzuspinnen. In diesem Kapitel wollten wir den Actionsequenzen einen ganz neuen und anderen Geschmack geben – jede einzelne von ihnen gibt uns einen tieferen Einblick und Hinweise auf die verschiedenen Elemente, wer John Wick wirklich ist und auf welchem Pfad er sich befindet.«
Wie die körperlichen Herausforderungen nimmt auch der emotionale Einsatz eine neue Dimension an. John Wick muss Schulden einfordern und einmal mehr auf die tödlichen Gaben vertrauen, denen er eigentlich den Rücken kehren wollte. »Er sucht immer noch nach Absolution. Aber mittlerweile versucht eigentlich jeder, ihn umzubringen. Also muss er sich an jemanden wenden, den er eigentlich aus seinem Leben verbannt hatte, um sein Überleben zu sichern«, erklärt der Regisseur weiter.
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Wir erfahren in diesem Film mehr darüber, woher John Wick kommt, wie er in Wirklichkeit heißt und warum er so viele russische Freunde besitzt. Er wendet sich an diejenige, der er seine Fähigkeiten verdankt – die Leiterin eines besonderen Theaters, in dem nicht nur skrupellos zum Tanz ausgebildet wird. Widerwillig widersetzt sie sich dem Hohen Tisch und hilft John, nach Marokko zu reisen, macht ihm aber auch klar, dass fortan alle Brücken eingerissen werden.
In der brüllend heißen Saharawüste weiß er, dass er eine Frau aus seiner Vergangenheit finden wird, die wie er auch eine ausgebildete Auftragsmörderin ist. Mit ihren zwei Hunden wirkt sie wie eine Art Higgins aus der Serie Magnum. Sie lebt beschützt in ihrem Haus in Casablanca und ist alles andere als erfreut, John wiederzusehen.
Sofia wird von Halle Berry gespielt, die u.a. als Catwoman bereits Actionerfahrung gesammelt hat und ein bekennender John Wick-Fan ist: »Als mir mein Manager erzählte, dass Chad nach einer Schauspielerin für einen weiblichen Killer suchte, der John Wick das Wasser reichen würde, wusste ich, dass ich diese Rolle haben musste. Ich habe mich mit Chad getroffen, da war das Drehbuch noch gar nicht fertig geschrieben. Mir war das egal, ich sagte zu ihm: „Hol mich an Bord, ich bin mit dabei!“«
»Ich habe für keine Rolle in meiner Karriere mehr arbeiten müssen. Ich musste einige Verletzungen wegstecken, aber ich habe immer weitergemacht, weil Aufgeben keine Option war. Jetzt bin ich voll angefixt und will einfach immer weitermachen«, lacht die Schauspielerin, die nur ein paar Jahre jünger ist als ihr Filmpartner. Sie ist auch stolz, dass sie mit einigen Klischees aufräumen konnte: »Nichts wollte ich mehr als beweisen, dass auch Frauen in meinem Alter genau das machen können, was wir uns in den Kopf gesetzt haben. Alter definiert uns nicht.«
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Die Regeln wurden gebrochen, John Wick befindet sich auf der Flucht: Der Hohe Tisch wurde erschüttert und muss Maßnahmen ergreifen, um wieder die Kontrolle über die Situation übernehmen zu können. Es ist allerdings nicht ganz klar, wer sich auf welche Seite geschlagen hat. Das trifft vor allem auf Winston zu, den listigen Manager des Hotels Continental in New York. Winston ist es lange Zeit gelungen, jedes Chaos vom Continental fern zu halten. Erst jetzt spielt Winston mit einem Gedanken, den sich die meisten nicht einmal zu denken trauen würden: Er will gegen den Hohen Tisch in den Krieg ziehen.
Zum dritten Mal als Winston ist Golden-Globe®-Gewinner Ian McShane zu sehen, der sich im Verlauf seiner Karriere für seine Darstellung aller möglicher Bösewichte, Schurken und undurchschaubarer Antihelden einen Namen gemacht hat. »Ian ist ein so wichtiger Bestandteil der Lizenzreihe, dass wir uns dachten, es sei an der Zeit, ein bisschen mehr von Winstons innerem Machtkampf zu zeigen, während er das Continental führt«, sagt Produzentin Erica Lee. »Was will er? Was ist sein Endspiel? Es macht unverschämt viel Spaß, Ian dabei zuzusehen, wie er mit dieser Figur mit ihren gegensätzlichen Plänen spielt.«
»Die Geschichte ist größer und besser als beim letzten Mal«, merkt Ian McShane begeistert an. »Sie taucht tiefer in die Geheimwelt, die Chad erschaffen hat, ein. Man erfährt mehr über Winston, wie auch Charon und den Bowery-König, und man erfährt mehr über die Art und Weise, wie das Continental funktioniert. Und doch bleibt die alte Botschaft stets bestehen: Leg dich besser nicht mit John Wick an.«
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Lance Reddick, den man für seine dramatischen Rollen in den Serien Fringe und The Wire kennt, ist ebenfalls wieder als Charon, der vielseitig begabte Concierge des Continental und Winstons findige rechte Hand, mit von der Partie. Ihm gefiel die Rolle von Anfang an, weil »sie so anders ist als die Figuren, die ich sonst spiele. Für mich war Charon immer so etwas wie Batmans Alfred – ein unauffälliger Typ hinter den Kulissen, ein Strippenzieher, der dafür sorgt, dass alles immer rund läuft.«
Nachdem der Bowery-König, der von dem verruchten New Yorker Viertel The Bowery aus operiert, im zweiten Film John Wick gerettet hatte, wird der Spieß diesmal umgedreht. »Der Bowery-König steht bei John Wick in der Schuld«, merkt Laurence Fishburne an. »Er ist genauso ein Krimineller wie alle anderen in dieser Welt, aber er folgt dem Kodex.«
Der Schauspieler hat eine eigene Theorie, warum das Publikum weltweit John Wick als Actionheld für unsere modernen Zeiten gewählt hat: »So schlimm die Umstände auch sein mögen, er ist immer so freundlich und doch rechtschaffen in seiner Wut und seinem Zorn. Das Design der Filme, die Sprache, der trockene Humor und die Ironie des Gezeigten fühlt sich absolut zeitgemäß an und macht doch immer tierisch Spaß.«
»Derek und ich liebten die Idee, eine Figur in die Geschichte einzuführen, die ganz anders als unsere Mörder ist, und über Jeden in dieser unethischen Welt den Stab bricht, während sie dafür sorgt, dass dem Hohen Tisch die Treue gehalten wird. Wir hatten jede Menge Spaß mit dieser neuen Figur«, sagt Chad Stahelski. Diese Rolle übernahm Asia Kate Dillon, die sich als non-binär definiert und für sich die Pluralform von „sie“ als Pronomen benutzt. Man kennt sie als Brandy Epps aus der Serie Orange is the new Black und Taylor Mason aus der Serie Billions.
»Die Schlichterin ist wie ein Versicherungsdetektiv, der auf ganz nüchterne, kalte und analytische Weise erforscht, welche Regeln gebrochen wurden, wer sie gebrochen hat und was die angemessene Strafe für den Regelverstoß sein könnte«, sagt Produzent Basil Iwanyk. »Ich habe noch nie ein Drehbuch gelesen, in dem die Actionszenen so detailliert geschrieben waren, dass man sie vor seinem geistigen Auge regelrecht sieht, während man in seiner Wohnung sitzt«, erinnern sich Asia Kate Dillon. »Ich glaube, einmal habe ich vor Begeisterung tatsächlich Beifall geklatscht, weil ich mir genau vorstellen konnte, wie unglaublich cool das auf der Leinwand aussehen würde.«
Die Aussicht, eine so starke und gefährliche neue Figur spielen zu können, war ein weiterer Anreiz. »Die Schlichterin spielt nicht herum«, erklären die Schauspielerinnen. »Zu Beginn der Geschichte tritt die Schlichterin auf, um Recht über Winston zu sprechen, weil er gegen die Regeln des Continentals verstoßen hat. Wir erfahren, dass jeder für jedwede Verstöße gegen das Regelwerk des Hohen Tischs zahlen muss – auf die eine oder andere Weise. Wenn die Regeln in dieser Welt gebrochen werden, dann hat das Konsequenzen. Und die Person, die Richter und Geschworener ist, ist die Schlichterin.«
Die Schlichterin wendet sich an Zero, der in der Liste der tödlichsten Killer beim Hohen Tisch ganz oben steht, um die Todesstrafe gegen John Wick durchzusetzen. Um die Figur, die ironischerweise genau jene herausragenden Kampffähigkeiten wie John Wick besitzt, perfekt zu besetzen, begaben sich die Filmemacher auf die Suche nach einem echten Kampfkünstler, der aber auch über die nötigen Fähigkeiten als Schauspieler verfügen musste. Diese Suche führte zu Mark Dacascos, ein Karate- und Kung-Fu-Champion, den man kennt aus Filmen wie Crying Freeman, Pakt der Wölfe oder Drive kennt. Außerdem war er Juryvositzender bei Iron Chef Amerika und Australien, weshalb seine Rolle als Sushizubereiter nicht allzu schwer ausfallen konnte.
»Als Kampfkünstler habe ich die wunderschöne Choreographie absolut bewundert. Ich liebe es, dass man den Schauspielern dabei zusieht, wie sie die richtigen Moves und richtigen Abschlüsse selbst machen«, sagt er. »Weil Chad selbst ein so talentierter und disziplinierter Kampfkünstler ist, weiß er, wie man seine Fähigkeiten einsetzen muss, wenn man in den Krieg zieht. Er weiß außerdem, wie man die Essenz der Kampfkunst mit der Kamera festhält.«
Zero ist zu allem entschlossen, um sich das Kopfgeld zu sichern, das mit der Tötung John Wicks fällig wird. Und dennoch ist der unbesiegbar erscheinende Killer ein großes Vorbild für ihn. »Zero liebt alles an John Wick – seinen Stil, seine Anmut, seine Klasse, seine Effizienz, und wie es ihm bei aller Brutalität immer noch gelingt, ein Gentleman zu sein«, sagt Mark Dacascos.
»Er ist der größte Fan von John Wick, den man sich vorstellen kann, ein echter Fanboy. Und er will unbedingt auf einer Augenhöhe mit ihm sein. Er ist außerdem ein Shinobi, ein Ninjakrieger, also hat er auch Schüler, um die er sich kümmert, als wären sie seine eigenen Kinder. Ich würde sagen, dass er sich keinen Illusionen hingibt, in diesem Geschäft ein langes Leben zu haben, aber ich denke auch, dass er jeden Moment in seiner Gänze auskostet.«
Was seine Art zu Kämpfen anbetrifft, sagt er: »Zero ist, bescheiden gesagt, ein bisschen psychopathisch. Also wollte ich diesen Wesenszug unbedingt in seinen Kampfstil einfließen lassen. Er hat einen gebrochenen Rhythmus – mal ist er geschmeidig, dann wieder wütet er wie ein Verrückter. Chad begriff sofort, in welche Richtung ich gehen wollte. Es ist toll, wenn man in seinen körperlichen Einsatz so viel Wesenszüge seiner Figur einfließen lassen kann.«
Die einzige Möglichkeit, ohne noch mehr Blutvergießen halbwegs heil aus der Misere herauszukommen, besteht für John darin, einen Handel mit dem Hohen Tisch einzugehen. Deshalb brauchte er auch Sofias Kontakte, um sich in Marokko mit dem „Ältesten“ zu treffen – einem selten gesehenen und sehr geschätzen Mitglied des Hohen Tischs. Diese Rolle übernahm der französisch-amerikanische Schauspieler Saïd Taghmaoui, ein ehemaliger Boxmeister mit marokkanischen Wurzeln, den man unlängst als Sameer in Wonder Woman sehen konnte.
»Wir dachten: Wäre es nicht toll, wenn es in unserer Welt, in der es stets um Leben oder Tod geht, so etwas wie einen spirituellen Berater geben würde, der über die ethische Balance ihrer Mitglieder wacht? Der Älteste ist ein Wegführer für Auftragskiller, und Saïd bringt die richtige Gravitas für eine solche Rolle mit«, sagt der Regisseur.
Ebenfalls mit von der Partie sind der englische Schauspieler Jerome Flynn, den man als Bronn aus Game of Thrones kennt, der Komödiant Jason Mantzoukas, der als wirrer Undercover-Detective Adrian Pimento in der Serie Brooklyn Nine-Nine einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, sowie der als Pinguin aus der Serie Gotham bekannte Robin Lord Taylor, den man hier kaum wiedererkennt!
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Und wieder endet auch dieses Kapitel mit einem Cliffhanger – und der Aussicht darauf, dass weitere Enthüllungen und Offenbarungen folgen werden. »Es wird immer noch mehr geben, was John Wick erleben kann – bis zu dem Tag, an dem er seinen Hut endgültig an den Nagel hängen kann«, meint Erica Lee. Hoffentlich ist das bald, denn auch im dritten Kapitel gibt es zwar jede Menge Aua (Messer in Schädel, Messer in Auge, Tod durch Buch…), doch wer nicht gerade Fan von Kampfchoreografie ist, der wird sich nach wie vor bei den Metzelszenen langweilen. Ein paar Kämpfe weniger und dafür mehr Spannung hätten den Filmen gut getan.
Nichtsdestotrotz fiebert man nach wie vor mit John Wick mit. Man erfährt immer mehr über ihn und seine Welt und hofft mit ihm mit, dass er endlich seinen wohlverdienten Ruhestand genießen kann. Höher, schneller, weiter – oder wie man es hier nennen sollte: Mehr Kämpfe, mehr Variationen und mehr Tote – Nahkampfaction kann unterhaltsam sein, wie es zu Beginn des Films noch scheint. Doch man vermisst irgendwie den Spaß dabei, wie ihn einst ein Jackie Chan verbreitet hat.

02.09.2023 | mz
Kategorien: Feature | Filme